Nach einem Teil der Rechtsprechung können Aufwendungen für die Vermittlung einer Professur Betriebsausgaben sein. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein ging in seiner Entscheidung vom 6. März 2019 davon aus, dass die streitigen Aufwendungen zur Erlangung einer Professur im Sinne des § 4 Abs. 4 EstG betrieblich veranlasst waren und auch das Abzugsverbot gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht entgegenstand (Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 6. März 2019 – 4 K 48/18 –, juris).
Bei der Ermittlung der Einkünfte sind Aufwendungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EstG) abzuziehen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit dem Betrieb objektiv zusammenhängen und ihm subjektiv zu dienen bestimmt sind. Ob und inwieweit Aufwendungen durch den Betrieb veranlasst sind, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. Die Gründe bilden das „auslösende Moment“, das den Steuerpflichtigen bewogen hat, die Kosten zu tragen (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672). Beruhen unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips die Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen, so sind sie – vorbehaltlich einer entgegenstehenden gesetzlichen Regelung – als Betriebsausgaben abziehbar.
Im Streitfall hatte die Klägerseite plausibel dargelegt, dass die Erlangung einer zur Titelführung berechtigenden Professur vornehmlich im wirtschaftlichen Interesse der Gemeinschaftspraxis erfolgen sollte. Dementsprechend war das die Aufwendungen „auslösende Moment“ der Erwerbssphäre des Klägers zuzuordnen. Diese Einschätzung beruhte auf den folgenden Erwägungen:
Die Position eines Professors hat eine wissenschaftliche, gesellschaftliche und nicht zuletzt auch wirtschaftliche Bedeutung. Die Professorbezeichnung wird in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen nicht nur als prestigeträchtig, sondern darüber hinaus auch als Ausdruck herausragender beruflicher und fachlicher Kompetenz verstanden und auch durchaus gezielt zur Einnahmesteigerung eingesetzt (grundlegend: Oberverwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 13.08.2013, 19 B 1032/12 – juris Rz. 37). So ist die Berechtigung zur Führung eines Professorentitels regelmäßig Voraussetzung für die Berufung zum Chefarzt größerer Kliniken und den damit verbundenen Erwerbsvorteilen z.B. in Gestalt eines eingeräumten Privatliquidationsrechts. Dieser Zusammenhang kommt eindrucksvoll in dem vorgenannten vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall vom 13.08.2013 zum Ausdruck: Der dortige Antragsteller – ein Chefarzt – machte in dem auf Untersagung der Führung eines ausländischen Professorentitels gerichteten Verfahren geltend, dass im Falle der Aberkennung des Rechts zur Titelführung seine persönliche und berufliche Zukunft existenziell bedroht sei. Das Recht zur Titelführung sei nämlich Voraussetzung für seine (weitere) Beschäftigung als Chefarzt.
Es wurde zudem als gerichtsbekannt festgestellt, dass auch größere Anwaltssozietäten einen Professorentitel ihrer Berufsträger deutlich erkennbar herausstellen, um damit eine besondere fachliche Kompetenz zu unterstreichen. Entsprechendes gilt für die freiberufliche Tätigkeit von Fachärzten. Der Kläger hatte insoweit überzeugend vorgebracht, dass seine Hauptkonkurrenten in der Außendarstellung gezielt die Professorentitel ihrer Berufsträger herausstellen.
Vor diesem Hintergrund wertete das Gericht die gegenüber der Vermittlungs-GmbH eingegangene vertragliche Verpflichtung und die auf diese Verpflichtung geleisteten Zahlungen als betrieblich veranlasst.
Eine andere Beurteilung war hier auch nicht deshalb geboten, weil es dem Kläger nach Einschätzung der Finanzbehörde in erster Linie auf die Titelführung und weniger auf die wissenschaftliche Arbeit als solche und/oder die betriebliche Weiterqualifikation ankam. Diese Einschätzung berücksichtigte die wirtschaftlichen Aspekte des zur Beurteilung stehenden Sachverhalts nur unzureichend und trug deshalb auch nicht die Schlussfolgerung, dass hier das Streben nach gesellschaftlichem „Prestige“ als auslösendes Moment für die Tragung der Aufwendungen anzusehen ist. Entsprechendes galt für die Würdigung gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG in dem Sinne, dass zumindest eine private Mitveranlassung von nicht lediglich untergeordneter Bedeutung bestehe.
Das Gericht erachtete es nicht für sachgerecht, die Frage nach der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen für den Erwerb der Professorenbezeichnung allein danach zu beurteilen, ob es dem Steuerpflichtigen in erster Linie auf die fachliche Weiterbildung bzw. die Tätigkeit im Hochschulbereich als solche ankommt oder nicht. Insbesondere erscheint eine schematische Würdigung dahingehend, dass für den Fall der Verneinung dieser Motive das Moment des gesellschaftlichen „Prestige“ und nicht das Erwerbsstreben im Vordergrund stehe, nicht angemessen, um die Vielschichtigkeit möglicher Fallgestaltungen und die wechselseitige Bedingtheit der Motive zutreffend zu erfassen.
Die Berufung zum Honorarprofessor oder zum außerplanmäßigen Professor einer Universität oder sonstigen Hochschule beruht regelmäßig auf der Anerkennung des Engagements der betreffenden Person in der universitären Lehre. Die Hochschulen legen Wert auf den Einsatz wissenschaftlich besonders befähigter und zugleich in der Berufspraxis erfahrener Doctores, um ihren Studenten auch für die praktische Berufsausübung bedeutsame Aspekte des Fachs vermitteln zu können. Für die Übernahme der Lehraufgaben, welche regelmäßig im Rahmen eines Lehrauftrages erfolgt, wird jedenfalls an öffentlichen Hochschulen üblicherweise kein oder ein nur sehr geringes, nicht marktübliches Honorar gezahlt. Bei dieser Ausgangslage liegt es nahe, dass die Erwartung, zu späterer Zeit zum Hochschulprofessor ernannt zu werden und diesen Titel auch in der Öffentlichkeit führen zu dürfen, ein wesentliches Motiv für die nebenberufliche Übernahme von universitären Lehraufgaben darstellt. Umgekehrt kann aus dieser Erwartungshaltung/ Motivation nicht ohne weiteres und gleichsam verallgemeinernd abgeleitet werden, dass das Streben nach einer Professur bzw. nach der Berechtigung zur Titelführung durch die steuerlich unbeachtliche Suche nach gesellschaftlicher Anerkennung oder dem mit dem Titel verbundenen gesellschaftlichen „Prestige“ motiviert ist.
Eine solche Einschätzung wird der gerade für Freiberufler bestehenden hohen erwerbswirtschaftlichen Bedeutung der Berechtigung zur Führung eines Professorentitels nicht gerecht. Dies gilt insbesondere auch für die Berufsgruppe der niedergelassenen Ärzte. Hier ist der Anteil promovierter Berufsträger sehr hoch, so dass der Doktortitel keine relevante wettbewerbliche Abgrenzung ermöglicht. Umgekehrt wird der Titel eines Professors der Medizin von den medizinischen Universitäten und Hochschulen in Deutschland gerichtsbekannt nur sehr zurückhaltend vergeben, was den entsprechenden Titelträgern herausragende Einkunftsmöglichkeiten z.B. als Chefarzt einer Klinik eröffnet. Die relative Knappheit des Titels eines Professors der Medizin zeigt sich auch anschaulich im Streitfall. So ist es dem Kläger trotz Habilitation und 13-jähriger nebenberuflicher Tätigkeit als Hochschullehrer an der Universität M nicht gelungen, dort den Professorentitel zu erhalten.
Der Einwand des FA, dass der Kläger auch ohne den Professorentitel wirtschaftlich sehr gut aufgestellt sei, war nicht geeignet, das erwerbswirtschaftliche Motiv der Erlangung einer Professur zu verdrängen. Zum einen war es – vorbehaltlich hier nicht einschlägiger gesetzlicher Abzugsverbote – grundsätzlich Sache des Steuerpflichtigen, zu entscheiden, welche Aufwendung er im Interesse einer gewinnorientierten Betriebsführung für angemessen und zweckmäßig erachtet. Zum anderen ging es natürlich auch um die strategische Positionierung der Praxis im Wettbewerb. Es entspricht betriebswirtschaftlich sachgerechtem Vorgehen, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um wirtschaftlich bedeutsame Alleinstellungsmerkmale der Konkurrenz im Interesse der langfristigen Aufrechterhaltung der eigenen Ertragsstärke zu beseitigen.
Die vom FA vorgebrachten Abgrenzungskriterien ließen sich im Streitfall auch nicht auf den vom Finanzgericht Münster, EFG 2017, 1949 unter der juris Rz. 35 zitierten Beschluss des BFH vom 8. Juni 2004, VI B 158/03, BFH/ NV 2004, 1406 stützen. In der angesprochenen Entscheidung hatte der Bundesfinanzhof den zuvor mit Urteil vom 4. November 2003 VI R 96/01, BStBL. II 2004, 891 aufgestellten Rechtssatz, dass Aufwendungen für eine berufliche Qualifikationsmaßnahme in Gestalt eines Universitätsstudiums sowie die Aufwendungen für eine sich daran anschließende Promotion im Regelfall als Werbungskosten zu qualifizieren seien, mit der Maßgabe eingeschränkt, dass dies dann nicht gelte, wenn es lediglich um einen Titelkauf ohne eigene wissenschaftliche Leistung gehe. In derartigen Fällen sei das Führen des Titels durch persönliche Beweggründe zumindest mitbeeinflusst, weshalb der Ausschlusstatbestand gemäß § 12 Nr. 1 EStG eingreife.
Ein solcher oder ähnlicher Sachverhalt lag hier jedoch nicht vor. Der Kläger verfügte – im Gegensatz zu der vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fallkonstellation – aufgrund seiner Habilitation im Fach X-Medizin über die volle Qualifikation eines Hochschullehrers, welcher er auch im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Privatdozent und Lehrbeauftragter an der Universitätsklinik in M nebenberuflich nachgekommen war. Die von ihm beauftragte Vermittlungsleistung war inhaltlich nicht auf einen bloßen Titelkauf ohne eigenen wissenschaftlichen Hintergrund, sondern auf eine auch nach deutschem Hochschulrecht anerkannte Nebentätigkeit als Professor gerichtet. Allein der Umstand, dass er zugleich großen Wert auf die Berechtigung zur Titelführung legte, um den Professorentitel auch werbewirksam und gewinnbringend für seine Tätigkeit als Partner einer Gemeinschaftspraxis in A nutzen zu können, ließ die erwerbswirtschaftliche Motivation nicht entfallen bzw. zurücktreten.
Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargetan, dass sich aus seiner Nebentätigkeit an der medizinischen Fakultät der Universität R heraus auch fachliche Synergieeffekte für die eigene Praxis ergeben würden. Er habe durch seine Tätigkeit als außerplanmäßiger Professor in R und durch die Teilnahme an wissenschaftlichen Kongressen im Land V enge persönliche und fachliche Beziehungen zu international anerkannten Professoren der X-Medizin aufgebaut, welche auch für die Weiterentwicklung seiner Praxis nutzbar seien. All dies wäre ihm ohne die beauftragte Vermittlungsleistung im Hinblick auf seine hohe berufliche Belastung nicht möglich gewesen.