Der werkvertragliche Erfüllungsanspruch kann vor dem nach der Abnahme bestehenden Nacherfüllungsanspruch verjähren (OLG Rostock, Teilurteil vom 2. Februar 2021 – 4 U 70/19 –, juris).
Der Erfüllungsanspruch des Bestellers auf Herstellung eines von dem Auftragnehmer zu errichtenden Bauwerks unterlag nach Ansicht des OLG der dreijährigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.
Zwar soll nach einer Auffassung der auf die Herstellung einer mangelfreien Sache gerichtete Erfüllungsanspruch nicht früher verjähren als der nach Abnahme bestehende Nacherfüllungsanspruch, weil sich dieser Erfüllungsanspruch mit der Abnahme in den Nacherfüllungsanspruch gemäß § 635 BGB mit der Besonderheit umwandele, dass die Verjährung für diesen, in Folge der Abnahme modifizierten Erfüllungsanspruch nach § 634a Abs. 2 BGB mit der Abnahme zu laufen beginne; danach verjährten alle Ansprüche, die sich auf die vertragswidrige Beschaffenheit des Werks, in welcher Phase auch immer, stützten, in gleicher Frist. Die Annahme, der auf die Herstellung eines mangelfreien Werks gerichtete Erfüllungsanspruch könne bei mangelhafter Werkherstellung wegen der Geltung der Regelverjährungsvorschriften vor Abnahme und damit vor Beginn der Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs verjähren, führe demgegenüber dazu, dass derselbe Anspruch wegen der erhobenen Einrede der Verjährung zunächst nicht, dann aber mit Abnahme des mangelhaften Werks wegen der Regelung des § 634a Abs. 2 BGB wieder durchsetzbar wäre, weil die Verjährung mit der Abnahme begönne. Eine Rechtsfolge, dass eine zunächst eingetretene Verjährung mit der Abnahme beseitigt wäre, sei dem geltenden Recht aber fremd. Eine Verjährung der Erfüllungsansprüche für Mängel des Werkes trete folglich nicht ein, solange das Werk nicht abgenommen sei, weil das Gesetz die Verjährung der Gewährleistungsansprüche erst mit der Abnahme beginnen lasse. Insofern sei daher zwischen der Nichterfüllung und der Schlechterfüllung zu differenzieren. Bei der Nichterfüllung verbleibe es bei der regelmäßigen Verjährungsfrist; denn der auf die Erstellung des Werkes gerichtete Erfüllungsanspruch könne sich schon deswegen nicht in einen Nacherfüllungsanspruch umwandeln, weil das Werk überhaupt nicht erstellt worden sei und es deswegen bereits an einem Anknüpfungspunkt für die Annahme eines Mangels und damit für Gewährleistungsansprüche fehle. Werde das Werk hingegen hergestellt, teile sich der Erfüllungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB auf. Der Erfüllungsanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB bleibe wegen des noch nicht erstellten Teils bestehen, verjähre in der Regelverjährung und bleibe bei Erhebung der Verjährungseinrede dauerhaft nicht durchsetzbar; bezüglich des mangelhaft hergestellten Teils erlösche der Erfüllungsanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB indes nicht durch die Abnahme, sondern wandele sich – wie bereits ausgeführt – in den Nacherfüllungsanspruch nach § 635 BGB um. Die Annahme des Verjährungsbeginns für den mangelbehebenden Erfüllungsanspruch nicht vor der Abnahme führe auch zu sachgerechten Ergebnissen. Zwar bleibe es dem Besteller, wenn der Erfüllungsanspruch vor Abnahme verjährte, unbenommen, die Abnahme zu erklären. Allerdings sei er dann gezwungen, die Abnahme eines mangelhaften Werkes zu erklären, um den entsprechenden Nacherfüllungsanspruch zu realisieren, dessen Verjährung erst mit der Abnahme beginne, oder aber er müsse verjährungsunterbrechende oder -hemmende Maßnahmen ergreifen, um eine Verjährung des Erfüllungsanspruches zu verhindern, obgleich wesentliche Mängel vorlägen. Hingegen sei im Falle der Nichtleistung für ihn klar erkennbar, dass der Unternehmer überhaupt nicht mit der Ausführung beginne oder diese fortsetze, so dass ihm eine Klage auf Erfüllung zur Verjährungshemmung in der kurzen Regelverjährungsfrist zumutbar sei (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 30.04.2019, Az. 24 U 14/18, Rn. 110 ff. m. w. N; offengelassen in der dazu ergangenen Revisionsentscheidung BGH, Urteil vom 28.05.2020, Az. VII ZR 108/ 19, Rn. 26, jeweils zitiert nach juris; siehe auch Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann-Raab-Gaudin, § 634a BGB Rn. 156).
Zu demselben Ergebnis gelangt eine andere Auffassung, nach welcher Ansprüche aus einem Bauvertrag wegen Mängeln vor der Abnahme zwar nicht der Frist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB, sondern der regelmäßigen Verjährungsfrist nach den §§ 195, 199 BGB unterliegen, diese jedoch in ihrem Ablauf aufgrund einer analogen Anwendung des Rechtsgedankens aus § 634a Abs. 3 Satz 2 BGB bis zum Ablauf von fünf Jahren nach der Abnahme oder einem ihr gleichstehenden Ereignis gehemmt sein soll. Eine hinter § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB zurückbleibende Verjährungsfrist für Mängelrechte bei einem Bauwerk oder einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, widerspreche der Wertung des Gesetzgebers. Dieser habe, soweit ersichtlich, den „hängen gebliebenen“ Werkvertrag nicht gesehen und dementsprechend auch nicht abschließend in den §§ 195, 199 BGB geregelt. Deshalb sei es zur Durchsetzung der in § 634a Abs. 1 BGB zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung geboten, unabhängig von der Frage, welche Vertragspartei eine Beendigung des Werkvertrages herbeigeführt habe und ob dem Unternehmer ein arglistiges oder ein der Arglist vergleichbares Verhalten vorzuwerfen sei, in entsprechender Anwendung des § 634a Abs. 1 BGB eine Verjährung von Mängelansprüchen, die schon vor Abnahme geltend gemacht wurden, bei Werken im Sinn des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor dem Ablauf von fünf Jahren eintreten zu lassen. Damit werde der Besteller nicht allein dadurch benachteiligt, dass er von einem Mangel des Werkes Kenntnis erlangt habe und deshalb nicht bereit sei, das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht anzuerkennen und die Abnahme zu erklären. Der Unternehmer wiederum sei durch eine Verjährungsfrist, die bei späterer Kenntniserlangung des Bestellers über die fünf Jahre des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB hinausgehen könne, nicht unzumutbar beeinträchtigt, weil dies Folge eines von dem Unternehmer verursachten Mangels sei, der bereits vor Abnahme erkannt wurde. Erst die Abnahme, also die Billigung des Werkes als im Wesentlichen vertragsgerecht durch den Besteller, oder die endgültige Abnahmeverweigerung rechtfertigten eine endgültige Begrenzung der Verjährungsfrist auf die fünf Jahre gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BGB.
Entscheidende Gründe sprechen jedoch nach Ansicht des OLG Rostock dafür, den werkvertraglichen Erfüllungsanspruch im Zusammenhang mit einer Bauleistung auch dann der regelmäßigen Verjährung binnen drei Jahren zu unterwerfen, wenn er sich auf eine Beseitigung während der Herstellungsphase aufgetretener Mängeln richtet, ohne dass von vornherein eine (Ablauf)Hemmung bis fünf Jahre nach Abnahme oder einem ihr vergleichbaren Ereignis anzunehmen ist.
Damit vermeidet man nicht nur die Abgrenzungsprobleme, welche sich bei der Differenzierung zwischen Schlechterfüllung und Nichtleistung ergeben (vgl. dazu Voit, Verjährung des Erfüllungsanspruchs beim Bauvertrag, NJW 2019, 3190/3191 mit dem Beispiel einer nicht eingebauten Abdichtung).
Vielmehr ist auch eine Schutzbedürftigkeit oder -würdigkeit des Bestellers im Hinblick auf die Einräumung des Laufes einer (erneuten) Verjährungsfrist von (sogar) fünf Jahren beginnend mit der Abnahme des Werkes bzw. einem an ihre Stelle tretenden Surrogat oder dem Eintritt eines Ausnahmefalles für ihre Entbehrlichkeit nicht erkennbar.
Denn der Verjährungsregelung in § 634a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BGB liegt nicht das Motiv einer (einseitigen) Begünstigung des Bestellers mit dem Ziel zugrunde, dass ihm im Falle eines Bauwerkes als Vertragsgegenstand immer eine Verjährungsfrist von (mindestens) fünf Jahren zur Verfügung stehen müsste. Zwar findet die gegenüber § 195 BGB auf fünf Jahre verlängerte Frist ihre Rechtfertigung darin, dass Bauwerke besonders langlebige Wirtschaftsgüter darstellen und im Hinblick auf etwaige Mängel besondere Risiken aufweisen: Sie sind zur dauernden Nutzung bestimmt und müssen folglich dieser intensiven Beanspruchung – auch über Jahre – genügen. Ferner sind Mängel häufig erst spät erkennbar, zum einen weil sie durch aufeinander folgende Arbeiten verdeckt sein können, und zum anderen, weil sie sich gegebenenfalls erst nach Einflüssen von Witterung und von intensiver Beanspruchung durch Nutzung zeigen. Mängel sind zudem nicht selten substanzgefährdend für das Bauwerk. Mit der gegenüber der Regelverjährung längeren Frist einerseits geht andererseits aber mit wiederum verkürzender Wirkung einher, dass für den Beginn der Frist nicht wie in § 199 Abs. 1 BGB subjektiv auf das Erkennen oder grobfahrlässige Nichterkennen des Mangels abgestellt wird, sondern auf den objektiv zu bestimmenden Zeitpunkt der Abnahme. Dem liegt die Wertung zugrunde, dass sich ab diesem Zeitpunkt das hergestellte Werk im Machtbereich des Bestellers befindet und auf seine Funktionsfähigkeit geprüft werden kann. Dadurch kann die längere Frist erheblich relativiert werden: Wird der Mangel erst nach vier Jahren erkennbar, was im Falle der Regelverjährung erst den Beginn des Fristlaufs auslösen würde, bleibt gerade noch ein Jahr für verjährungshemmende Maßnahmen übrig; zeigt er sich nach fünf Jahren und einem Tag, sind die Ansprüche sogar verjährt, ohne dass je die Chance bestand, sie zu erkennen und geltend zu machen (vgl. Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann-Raab- Gaudin, a. a. O., § 634a BGB Rn. 23 f. m. w. N.). Die Verjährungsfrist von fünf Jahren für Gewährleistungsrechte bei Bauleistungen ist danach als ein angemessener Ausgleich der Parteiinteressen anzusehen (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 264).
Eine Benachteiligung des Bestellers entgegen einer sich aus § 634a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BGB ergebenden Wertung des Gesetzgebers ist folglich nicht zu erkennen, wenn im Herstellungsstadium des Bauvertrages für den betreffenden Anspruch zwar nur die dreijährige Regelverjährung gilt, diese jedoch erst mit der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen überhaupt zu laufen beginnt; aufgrund dieser subjektiven Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist sind die Interessen des Bestellers im Herstellungsstadium des Bauvertrages auch bei einer Dauer von nur drei Jahren gewahrt, während allein die Betroffenheit einer Bauleistung dann nicht zwangsläufig eine Verjährungsfrist von fünf Jahren bedingen muss. Da der Gläubiger bei entsprechender Kenntnis ohne weiteres in der Lage ist, verjährungshemmende Maßnahmen einzuleiten, besteht insbesondere auch kein Bedürfnis, den Rechtsgedanken des § 634a Abs. 3 Satz 2 BGB fristerstreckend auf § 195 BGB anzuwenden (vgl. wie hier OLG Nürnberg, Urteil vom 09.03.2010, Az.: 19 U 100/09, – zitiert nach juris -, Rn. 77; eine Revision ist in dieser Entscheidung nicht zugelassen worden). Betroffen ist von der Anwendbarkeit der einen oder der anderen Verjährungsfrist schließlich nicht das Gefüge der Gewährleistung, sondern die davon zu unterscheidende Frage, wann Maßnahmen zur Durchsetzung oder Erhaltung welcher Ansprüche zu ergreifen sind.
Dogmatisch fragwürdig und kaum zu begründen ist weiterhin die Überlegung, den werkvertraglichen Erfüllungsanspruch mit der Abnahme oder einem ihr gleichstehenden Ereignis nun den Verjährungsregelungen für einen damit entstehenden Nacherfüllungsanspruch zu unterwerfen, welcher zuvor noch gar nicht gegeben war. So bleibt bei der Annahme einer „Umwandlung“ des Erfüllungsanspruches aus §§ 631 Abs. 1, 1. Halbsatz, 633 Abs. 1 BGB in den Nacherfüllungsanspruch gemäß § 635 BGB mit dieser Zäsur unberücksichtigt, dass beide Ansprüche zwar auf dasselbe Ziel gerichtet, aber dennoch nicht deckungsgleich sind (vgl. Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg-Busche, MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, § 634a Rn. 12 m. w. N.).
Die Konsequenz der dem geltenden Recht in der Tat fremden Folge, dass eine zunächst eingetretene Verjährung des Erfüllungsanspruches mit der Abnahme oder einem ihr gleichstehenden Ereignis beseitigt wäre und der Besteller nun Gewährleistungsrechte (doch) wieder binnen weiterer fünf Jahre geltend machen könnte, lässt sich schließlich schlichtweg dadurch vermeiden, dass man ein derartiges Unterlaufen der Verjährung durch ein einseitiges und dem Willen des Unternehmers widersprechendes Verhalten des Bestellers als nicht möglich ansieht.
Für den Fall der Abnahme kann insoweit auf § 271 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, wonach (bloß) im Zweifel anzunehmen ist, dass der Schuldner seine Leistung vor einer bestimmten Leistungszeit bewirken kann. Ist das Werk nicht fertig gestellt, weil es entsprechend der Rüge des Bestellers mangelhaft ist, schuldet er in diesem Sinne die Abnahme (noch) nicht. Die in § 271 Abs. 2 BGB enthaltene Zweifelsregelung erfährt dann eine Ausnahme, wenn durch die vorzeitige Leistung der Gläubiger, hier also der Unternehmer, durch die Vorausleistung ein vertragliches Recht verliert oder wenn seine rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt werden; in diesem Fall ist das Recht zur Vorausleistung ausgeschlossen. Müsste nun der Unternehmer trotz fehlender (mangelfreier) Fertigstellung die Abnahme durch den Besteller hinnehmen, geriete er in die Verpflichtung, einen festgestellten Mangel zu beseitigen, welcher ohne die Abnahme die Einrede der Verjährung entgegenstünde. Hierin liegt eine Beeinträchtigung seines rechtlich geschützten Interesses, nämlich sich hinsichtlich der von ihm verlangten Erfüllung durch Mangelbeseitigung auf die Einrede der Verjährung berufen zu können. Der Unternehmer muss sich also, wenn sich die Bauleistung als mangelhaft erweist, das Vertragsverhältnis im Herstellungsstadium stecken geblieben ist und die Erfüllungsansprüche verjährt sind, die Abnahme des Bestellers nicht mehr bzw. dauerhaft „noch nicht“ aufdrängen lassen, weil es sich stets um eine vorfällige Leistung des Bestellers handeln würde, welche die rechtlich geschützten Interessen des Unternehmers beeinträchtigte (vgl. Werner, Rechtsfolgen einer unwirksamen förmlichen Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Rahmen eines Bauträgervertrags, NZBau 2014, 80/84 m. w. N.).
Umso deutlicher wird allein die Richtigkeit der aufgezeigten Sichtweise, wenn der Besteller die mangelhafte Leistung nicht (vorzeitig) abnimmt, sondern das Herstellungsstadium des Bauvertrages dadurch beendet, dass er weitere Leistungen des Unternehmers ernsthaft und endgültig ablehnt und dadurch den Übergang des Vertrages in ein Abwicklungs- und Abrechnungsverhältnis bewirkt. Die Erwägung eines Rechtes des Bestellers, das nicht von der Zustimmung des Unternehmers abhängig ist, kann für einen solchen Fall – anders als im Hinblick auf die Abnahme (vgl. Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann-Kögl, a. a. O., § 640 Rn. 69 m. w. N.) – von vornherein keine Rolle spielen. Stattdessen führte die Annahme einer jetzt maßgeblichen Verjährung von fünf Jahren gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB zu dem geltenden Recht nun wirklich völlig fremden und geradezu widersinnigen Ergebnissen. Der Besteller könnte sich nämlich durch seine Ablehnungserklärung hinsichtlich der Erbringung einer Leistung durch den Unternehmer, welche dieser zuvor ohnehin schon wegen des Eintritts der Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB zu verweigern berechtigt war, selbst eine neue mehrjährige Frist für die Durchsetzung der schon verjährten Ansprüche eröffnen. Die (Ausnahme)Fälle eines Neubeginns der Verjährung sind etwa in § 212 BGB allerdings abschließend gesetzlich geregelt, und sie knüpfen grundsätzlich an ein Verhalten des Schuldners und nicht des Gläubigers an.