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Vielfach ist unklar, welche Hilfsmittel bei sogenannten „Open Book-Prüfungen“ zulässig sind und wann ein Täuschungsversuch vorliegt, der schwerwiegende Sanktionen nach sich ziehen kann.

 

Möglich sind dabei sogar die Exmatrikulation des Studierenden und die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens. So sieht etwa die Prüfungsordnung für den Bachelorstudiengang Erziehungswissenschaft (1-Fach-Bachelor) der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln vom 22. Dezember 2015 vor, dass dann, wenn eine Prüfungskandidatin oder ein Prüfungskandidat versucht, das Ergebnis einer Prüfungsleistung durch Täuschung, zum Beispiel das Mitführen nicht zugelassener Arbeits- und Hilfsmittel, zu eigenem Vorteil zu beeinflussen, die betreffende Prüfungsleistung als mit „mangelhaft (5,0)“ oder „nicht bestanden“ bewertet wird. In schwerwiegenden Fällen, zum Beispiel bei wissenschaftlichem Fehlverhalten, oder im Wiederholungsfall kann der Prüfungsausschuss die Prüfungskandidatin oder den Prüfungskandidaten von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen ausschließen, wodurch der Prüfungsanspruch im Studiengang erlischt. Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt insbesondere vor, wenn bewusst, willentlich oder grob fahrlässig bei wissenschaftlichen Arbeiten Falschangaben gemacht werden, unter Anmaßung der Autorinnen- oder Autorenschaft (Plagiat) geistiges Eigentum Anderer durch die unbefugte Verwertung verletzt wird, geistiges Eigentum Anderer verfälscht wiedergegeben wird oder eine schwere Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit Anderer verursacht wird. Nach § 63 Abs. 5 HG kann die damit einhergehende Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.

 

Fehlt es an einer eindeutigen Vorgabe der im Rahmen der „Open-Book-Prüfung“ zugelassenen Hilfsmittel seitens der prüfenden Universität ist damit ein erhebliches Risiko für den Studierenden verbunden.

 

Auch bei „Open Book-Prüfungen“, bei denen sämtliche Hilfsmittel zugelassen sind, beruhen die Erstellung der Aufgabe und die Auswahl der Prüfungsthemen auf fachwissenschaftlichen und prüfungsspezifischen Gesichtspunkten (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 04.07.2019 – 2 LA 1667/17 - Rn. 7, juris). Dabei hängt die Art der Prüfung neben Regelungen in der Prüfungsordnung auch von den zu prüfenden Lerninhalten ab. Mit Hausarbeiten können etwa, auch wenn sie anders als klassische Hausarbeiten und insofern eher vergleichbar Klausuren mit einer Begrenzung der Bearbeitungszeit auf Stunden statt Wochen oder Monate gestellt werden, bestimmte Lerninhalte (z. B. bloßes Wissen) nicht geprüft werden. Gleichwohl stellten auch „Open Book Prüfungen“ Formen der Prüfung dar, so dass die Zulassung „sämtlicher“ Hilfsmittel nicht die Verwendung von Lösungen anderer Studierender beinhaltet. Vielmehr führt die Zulassung von Hilfsmitteln dazu, dass beispielsweise vor der Klausur erstellte Unterlagen der Studierenden benutzt werden dürfen, auch Hilfsmaterial wie Lehrbücher oder Kommentare (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 26. Oktober 2009 – AN 4 K 08.01857 –, juris). Dadurch führt das Open Book-Format zu einer starken Verschiebung der Gewichtung von Wissensfragen zu Transferfragen (vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 02. Februar 2021 – 7 L 41/21 –, juris). Dieser Sinn und Zweck der Prüfung wäre somit verfehlt, wenn bei „open Book-Prüfungen“ die eigene Prüfungsleistung durch Dritte ersetzt würde.

 

Eine audio-visuelle Übertragung (Videoaufsicht) ist im Übrigen nach der Rechtsprechung zur Vermeidung von Täuschungsversuchen bei Prüfungen geeignet und mit höherrangigem Recht vereinbar; dies gilt auch für „Open Book-Klausuren“ (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03. März 2021 – 3 MR 7/21 –, juris).