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Wird eine als neu errichtet anzusehende Eigentumswohnung veräußert, so richten sich die Ansprüche des Erwerbers aus Sachmängeln nach Werkvertragsrecht, ohne dass es darauf ankommt, dass der Vertrag als „Kaufvertrag“ wird und die Parteien als „Käufer“ und „Verkäufer“ bezeichnet werden (OLG Celle, Urteil vom 20. Juni 1997 – 4 U 95/96 –, juris).

Die Verpflichtung des Veräußerers zur Gewährleistung kann durch Individualvereinbarung in notarieller Urkunde ganz ausgeschlossen werden. Dieser Gewährleistungsausschluss ist aber nur dann wirksam, wenn die einschneidenden Rechtsfolgen einer solchen Freizeichnung bei der Veräußerung einer neu errichteten Wohnung vorher zwischen den Vertragsparteien eingehend erörtert worden sind und der Erwerber über die Rechtsfolgen nachhaltig belehrt worden ist. Dabei muss der Veräußerer darlegen und beweisen, dass der Notar den Erwerber ordnungsgemäß belehrt und aufgeklärt hat.

Wie das OLG Celle feststellte bedurfte die Frage, ob die von den Beklagten erworbene Eigentumswohnung bei Vertragsschluss bereits vollständig fertiggestellt war oder die Fertigstellung erst nach Vertragsschluss erfolgte, keiner abschließenden Klärung, da die Kläger selbst eine Fertigstellung der Wohnung nur wenige Monate vor Vertragsschluss behauptete. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt selbst eine bis zu zwei Jahren vor Vertragsschluss fertiggestellte Eigentumswohnung als neu errichtet. Ansprüche des Erwerbers aus Sachmängeln an neu errichteten Eigentumswohnungen richten sich somit auch dann, wenn das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits fertiggestellt war, nach Werkvertragsrecht, ohne dass es darauf ankommt, dass der Vertrag als Kaufvertrag und die Parteien als Käufer und Verkäufer bezeichnet sind (BGH NJW 1982, 2243; BGHZ 108, 164 f.). Denn entscheidend ist nach dieser Rechtsprechung, dass sich aus Inhalt, Zweck und wirtschaftlicher Bedeutung des Vertrages sowie aus der Interessenlage der Parteien die Verpflichtung des Veräußerers zu mangelfreier Erstellung des Bauwerkes ergibt. Diese Verpflichtung muss nicht ausdrücklich übernommen worden sein, es genügt, dass sie aus dem Zusammenhang der einzelnen Vertragsbestimmungen sowie aus den gesamten Umständen abzuleiten ist, die zum Vertragsschluss geführt haben. Besondere Bedeutung hatte in dem durch das OLG Celle zu entscheidenden Fall, dass in dem notariellen Vertrag nicht nur ein Gewährleistungsausschluss enthalten war, sondern zugleich eine Abtretung etwaiger Ansprüche des Verkäufers gegenüber den Bauhandwerkern erfolgt war. Eine derartige Vereinbarung ist typisch für den Werkvertrag, insbesondere bei neu errichteten Bauwerken (BGH NJW 1982, 2243 m.w.N.).

Der Gewährleistungsausschluss wäre daher nur dann wirksam gewesen, wenn die einschneidenden Rechtsfolgen einer solchen Freizeichnung bei der Veräußerung einer neu errichteten Wohnung vorher zwischen den Vertragsparteien eingehend erörtert worden wären und der Erwerber über die Rechtsfolgen nachhaltig belehrt worden wäre (BGH DNotZ 1988, 293 m.w.N.). Dabei muss der Veräußerer darlegen und beweisen, dass der Notar die Erwerber ordnungsgemäß belehrt und aufgeklärt hat (BGHZ 108, 164, 172).

Notar bekundete, dass er bei der Vielzahl der von ihm beurkundeten Geschäfte unter Berücksichtigung des Zeitablaufs von mehreren Jahren keine konkreten Erinnerungen an die Beurkundung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages mehr habe. Auch eine Durchsicht seiner Handakte habe keine weiteren Hinweise ergeben. Er bekundete weiter, dass er zwar üblicherweise über die Reichweite eines Gewährleistungsausschlusses belehre, so dass er davon ausgehe, dies auch vorliegend getan zu haben; aber auch insoweit bestehe eine konkrete Erinnerung nicht. Schließlich teilte der Notar auch mit, ihm sei der Umstand, dass er nicht einen Kaufvertrag über eine Gebrauchtimmobilie, sondern – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – einen Werkvertrag beurkundet habe, wohl erst später bewusst geworden. Er vermute daher, dass er die vom Bundesgerichtshof im Rahmen des Werkvertrages geforderten besonderen Belehrungen eher nicht vorgenommen habe.

Auf der Grundlage dieses Beweisergebnisses vermochte das OLG nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass eine ordnungsgemäße Belehrung der Beklagten durch den Notar erfolgt war. Dies führte dazu, dass von der Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses in der notariellen Urkunde auszugehen war.

An die Stelle des unwirksamen Gewährleistungsausschlusses trat das Gewährleistungsrecht des BGB, mithin hier die §§ 633 ff. BGB. Danach konnten in dem von dem OLG Celle entschiedenen Fall Gewährleistungsansprüche gegenüber dem „Verkäufer“ geltend gemacht werden.