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Verschweigt oder verharmlost ein Beamter bei einer amtsärztlichen Untersuchung aus Anlass seiner Lebenszeiternennung die Schwere einer Störung und den Umfang einer zuvor durchgeführten ambulanten psychotherapeutischen Behandlung, indem er hierüber bewusst unvollständige Angaben macht, ist die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit wegen arglistiger Täuschung zurückzunehmen (vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 25. September 2015 – 1 L 657/15.NW –, juris).

Rechtsgrundlage für die ausgesprochene Rücknahme der Lebenszeiternennung war § 12 Abs. 1 Nr. 1 Beamtenstatutsgesetz – BeamtStG –, § 13 Landesbeamtengesetz. Danach war die Ernennung mit Wirkung für die Vergangenheit zurück zu nehmen, wenn sie durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt wurde. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der zu Ernennende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem an der Ernennung maßgeblich beteiligten Bediensteten der Ernennungsbehörde einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, um diesen durch Täuschung zu einer günstigen Entschließung zu bestimmen. Unrichtige Angaben sind stets eine Täuschung, unabhängig davon, ob die Ernennungsbehörde danach gefragt hat oder nicht. Das Verschweigen von Tatsachen ist eine Täuschung, wenn die Ernennungsbehörde nach Tatsachen gefragt hat oder der Ernannte auch ohne Befragung weiß oder in Kauf nimmt, dass die verschwiegenen Tatsachen für die Entscheidung der Ernennungsbehörde erheblich sind oder sein können. Eine arglistige Täuschung liegt nach alledem schon dann vor, wenn der Täuschende erkennt und in Kauf nimmt, dass die Ernennungsbehörde aufgrund seines Verhaltens für sie wesentliche Umstände als gegeben ansieht, die in Wahrheit nicht vorliegen oder – umgekehrt – der Ernennung hinderliche Umstände als nicht gegeben ansieht, obwohl solche in Wahrheit vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil v. 18.09.1985 – 2 C 30/84 -, juris, m. w. N.; Plog/Wiedow, BBG, BeamtStG § 12 Rdnr. 4).

Die Täuschungshandlung kann auch gegenüber dem Amtsarzt erfolgen, da sich die Ernennungsbehörde maßgeblich auf dessen Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des zur Ernennung anstehenden Bewerbers stützt und dem Bewerber das auch bewusst ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 1985, a.a.O.). Im Rahmen der amtsärztliche Untersuchung muss er die Fragen nach seiner gesundheitlichen Verfassung nach ihrem erkennbaren Sinn richtig und vollständig beantworten (vgl. erneut Plog/Wiedow, a.a.O., § 14 BBG Rdnr. 12). Zwar besteht hier keine Offenbarungspflicht hinsichtlich jeglicher Gesundheitsfragen (OVG MV, Beschluss v. 23.04.1998 – 2 M 168/97 -, juris), die Bedeutung psychischer Vorerkrankungen für die gesundheitliche Eignung als (Lebenszeit)Beamter drängt sich aber geradezu auf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. November 2006 – OVG 4 B 11.06 –, juris). Auch unterhalb der Schwelle einer neurologischen oder psychiatrischen Erkrankung liegende psychische Störungen sind erkennbar für eine Ernennung auf Lebenszeit wesentlich und von der Untersuchung beim Amtsarzt umfasst. Jedenfalls beim Vorliegen nicht unerheblicher, der Behandlung bedürftiger Beschwerden ist zu erwarten, dass der Bewerber unabhängig von der exakten medizinischen Diagnose einer psychischen „Krankheit“ im engeren Sinn sein Beschwerdebild zumindest laienhaft bezeichnet und die aufgetretenen Symptome nach Art und Schwere sowie die durchgeführten Behandlungen angibt.

Ob der Dienstherr den wahren Sachverhalt hätte kennen können oder sogar müssen, ist im Übrigen für die Rücknahme einer Ernennung wegen arglistiger Täuschung unerheblich (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.09.1963 – II C 195/61 -, juris).