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Das „Reißverschlussverfahren“ ist in § 7 Abs. 4 StVO geregelt. Hierdurch wird die Frage beantwortet,
wie zu verfahren ist, wenn auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen in eine Fahrtrichtung einer dieser
Fahrstreifen endet oder – z.B. aufgrund eines Hindernisses – nicht weiter befahren werden kann.

Wie das OLG München in seinem Urteil vom 21.04.2017 entschieden hat (Az. 10 U 4565/16) gilt auch
für den Spurwechsel der Anscheinsbeweis. Dieser führt dazu, dass ein erster Anschein für das
Verschulden eines Spurwechslers spricht. Dieser hat daher ggf. im Einzelnen vorzutragen und zu
beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft, wenn ein anderes Fahrzeug auffährt.

In dem entschiedenen Fall hatte der Fahrer des Fahrzeugs der Klägerin im Rahmen des
Reißverschlussverfahrens die Spur gewechselt. Auf dieser Spur befand sich bereits der LKW der
Beklagten. Der Fahrer des klägerischen Kfz bremste nach dem Spurwechsel ab, so dass der LKW auf
das Heck des Kfz der Klägerin auffuhr.

Das Gericht ging davon aus, dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs entgegen § 7 Abs. 5 StVO
den Fahrtstreifen gewechselt hat, obwohl einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht
ausgeschlossen war.

Das Gesetz bestimmt in § 7 Abs. 5 StVO, dass ein Fahrstreifen nur gewechselt werden darf, wenn eine
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig
und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.

Das OLG kam in seinem Urteil zu einer alleinigen Haftung der Klägerin.

Das Gericht nahm dabei eine Haftungsverteilung vor, bei der die allgemeine Betriebsgefahr des
Auffahrenden hinter die Haftung aufgrund des Verstoßes gegen § 7 Abs. 5 StVO völlig zurücktrat.
Entscheidend war aus Sicht des Gerichts, dass die äußerste Sorgfalt, die von einem Spurwechsler zu
fordern ist, von diesem nicht beachtet wurde.

Zu beachten ist aber, dass sich eine andere rechtliche Beurteilung ergibt, wenn der Spurwechsel im
Zeitpunkt der Kollision bereits abgeschlossen war (vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 15.03.2001, Az. 6 S
464/00).