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Bei Mietwagenkosten infolge eines Unfalls treten regelmäßig mit Haftpflichtversicherungen des Unfallverursachers Diskussionen auf, wie diese Kosten auszugleichen sind. Ärgerlich ist es oft für Geschädigte, dass ihnen gegenüber etwa durch Kfz-Werkstätten Mietwagenkosten auf der Grundlage der Schwacke-Liste abgerechnet werden. Diese geht von deutlich höheren Beträgen aus als die von den Haftpflichtversicherungen favorisierte Fraunhofer-Liste.

Die Ermittlung des angemessenen „Normaltarifes“ ist Sache des Tatrichters. Dabei ist er grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die „Schwacke-Liste“ noch den Fraunhofer-Marktpreisspiegel zugrunde zu legen. Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015, Az.: 1 U 42/14; BGH, Urteil vom 18.12.2012, Az.: VI ZR 316/11).

Die Rechtsprechung ist infolgedessen deutschlandweit uneinheitlich. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt/ Main in einem Urteil vom 22.09.2016 (Az.: 1 U 231/14) klar Stellung zugunsten der Schwacke-Liste bezogen und eine vorherige Entscheidung des Landgerichts Gießen aufgehoben (für Schwacke: AG Lübeck, Urteil vom 03.02.2017 – 24 C 2626/16 –; AG Wetter, Urteil vom 06.01.2017 – 9 C 156/16 –; AG Berlin-Mitte, Urteil vom 02.01.2017 – 106 C 3107/16 –; LG Frankfurt, Urteil vom 21.12.2016 – 2-16 S 74/16 –; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.04.2010, Az.; 4 U 131/09; OLG Köln, Urteil vom 29.06.2010, Az.: 25 U 2/10; OLG Köln, Urteil vom 18.08.2010, Az. 5 U 44/10; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.08.2011, Az.: 7 U 109/11; für Fraunhofer: LG Essen, Beschluss vom 21. Februar 2017 – 13 S 78/16 –; AG Moers, Urteil vom 22. Februar 2017 – 561 C 75/16 –). Das OLG Frankfurt/ Main hielt es für sachgerecht, zur Ermittlung des Normaltarifs den Schwacke-Automietpreisspiegel heranzuziehen. Zwar habe der Schwacke-Automietpreisspiegel Nachteile. Diesen stünden allerdings Nachteile der Fraunhofer-Liste entgegen, wobei auf die geringere Zahl der einbezogenen Anbieter, die Auswertung vor allem internetbasierter Angebote und die bei den Testangeboten zugrunde gelegten Vorbestellungsfrist von einer Woche hingewiesen wurde.

Derzeit geht das Amtsgericht Linz im Übrigen noch von der Schwacke-Liste aus (AG Linz, AZ. 22 C 729/16; ebenso LG Koblenz, Urteil vom 04. November 2016 – 5 S 21/16 –).

Demgegenüber geht das Landgericht Bonn (Urteil vom 05.12.2016 – 4 O 71/16-) inzwischen von einer Kombination beider Tabellen aus („Fracke“: so auch OLG Celle, Urteil vom 29.02.2012, Az.: 14 U 49/11; OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.12.2009, Az.: 4 U 294/09; OLG Köln, Urteil vom 11.08.2010, Az.: 11 U 106/09; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011, Az.: 1 U 27/ 11; OLG Köln BeckRS 2013, 15119; OLG Hamm MDR 2016, 516;LG Essen, Urteil vom 06.01.2017 – 11 O 271/15 –).

Dies führt dazu, dass bei Unfällen in Bonn und Umgebung, für das das Landgericht Bonn als Berufungsinstanz zuständig wäre (z.B. Bad Honnef, Königswinter, Rheinbach, Siegburg, St. Augustin, Troisdorf), Unfallgeschädigte befürchten müssen, dass ein Teil ihres Schadens durch die gegnerische Haftpflichtversicherung nicht getragen wird (vgl. AG Siegburg, Az.: 122 C 4/17).

Mit dem OLG Frankfurt/ Main kann zwar gegen die Bildung eines Mittelwertes zwischen Schwacke und Fraunhofer („Fracke“) eingewandt werden, dass diese Art der Schadenschätzung unzweckmäßig ist. Denn diese Lösung zwingt dazu, den maßgeblichen Wert aus beiden Tabellen zu ermitteln und erfordert einen zusätzlichen Rechenschritt. Das Oberlandesgericht Hamm meint, damit sei nur „etwas Mehraufwand“ verbunden. Allerdings können bei der Anwendung jedes Tabellenwerks noch weitere Einzelpunkte problematisch werden, die nicht einheitlich für beide Listen beantwortet werden können.

Berufen sich Versicherungen erfolgreich auf eine Abrechnung nach Fraunhofer oder Fracke kann der Kunde ggf. nur dann schadlos bleiben, wenn er sich bereits bei Abschluss des Mietwagenvertrages von dem Mietwagenunternehmen zusichern lässt, dass die Mietwagenkosten von der Versicherung vollständig getragen werden und er schadlos bleiben wird.