Wie das OLG Frankfurt am 06.02.2018 beschlossen hat, kann der Geschädigte nach Vorlage des Anspruchsschreibens erwarten, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung kurzfristig mitteilt, ob, inwieweit und wie lange eine Prüfung stattfindet (Az. 22 W 2/18).
Die Dauer der Prüffrist ist von der Lage des Einzelfalls abhängig, beträgt in der Regel aber maximal vier Wochen.
Vor Ablauf der Prüffrist tritt kein Verzug des Versicherers ein.
Die Frage, wann sich die Versicherung mit der Zahlung in Verzug befindet, richtet sich nach § 286 BGB.
§ 286 I 1 BGB regelt: „Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug.“
Schuldner ist aufgrund des Direktanspruches nach § 115 VVG neben dem Schädiger auch die Versicherung.
Da gem. § 271 BGB eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist, kann der Unfallgeschädigte die Leistung sofort verlangen. Dies gilt zumindest dann, wenn er seinen Schaden ordnungsgemäß spezifiziert und in nachprüfbarer Form belegt hat.
Durch eine Schadensaufstellung mit der Aufforderung, den bezifferten Schaden bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu zahlen, gerät die Versicherung nach Ablauf der gesetzten Frist allerdings – unabhängig von deren Länge – nicht automatisch in Verzug. Die bloße Aufforderung, die Ansprüche bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu regulieren, stellt keine Mahnung im Sinne des § 286 I BGB dar, sondern begründet zunächst nur die Fälligkeit der Forderung. Um die Versicherung wirksam in Verzug zu setzen, bedarf es nicht nur einer ordnungsgemäß spezifizierten und nachprüfbar belegten Schadensaufstellung, sondern einer sich anschließenden Mahnung.
Selbst in dem Fall, in dem eine Mahnung nach einer ordnungsgemäß spezifizierten und nachprüfbar belegten Schadensaufstellung erfolgt ist, gerät die Versicherung allerdings nicht automatisch nach Ablauf der dort gesetzten Frist in Verzug. Gemäß § 286 IV BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Zwar muss ein Versicherer die Schadensprüfung beschleunigen, dennoch ist ihm bei der Regulierung eines Haftpflichtschadens eine angemessene Frist zur Prüfung von Grund und Umfang der Ersatzpflicht zuzubilligen, vor deren Ablauf kein Verzug eintritt (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, NZV 1991, 312).
Für die Länge der Prüfungsfrist gibt es keine festen oder starren Regeln. Sie hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und muss regelmäßig nicht ein übermäßiges Zuwarten berücksichtigen, vielmehr hat ein Versicherer die Prüfung des Schadens, für den er einzustehen hat, tunlichst zu beschleunigen.
Die Dauer der Prüffrist wird in der Rechtsprechung unterschiedlich angesetzt:
2 Wochen: OLG Saarbrücken 27.2.2007 – 4 U 470/06 – MDR 07, 1190; AG Erlangen DAR 2005, 690
3 Wochen: OLG Düsseldorf 27.6.07 – 1 W 23/07 – NZV 08, 151; OLG Saarbrücken MDR 2007, 1190 ; OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 114 ; LG München I zfs 1984, 367: mindestens 12-15 Arbeitstage)
4 Wochen: KG 30.6.08 – 22 U 13/08 – NJW 08, 2656; OLG München 29.7.10 – 10 W 1789/10 -; LG München I VersR 1973, 871; LG Düsseldorf VersR 1981, 582 [583]; LG Bielefeld zfs 1988, 282; i. Erg. auch OLG München [24. ZS] VersR 1979, 479 , etwa 1 Monat OLG Frankfurt a.M. OLGR 1996, 77;
4-6 Wochen: OLG Stuttgart 26.4.10 – 3 W 15/10 -; 21.4.10 – 3 U 218/09 -; 18.9.13 – 3 W 46/13 -; OLG Koblenz 20.4.11 – 12 W 195/11 -; LG Köln 23.9.11 – 2 O 203/11 -; OLG Köln 31.1.12 – 24 W 69/11 -; OLG Frankfurt 2.12.2014 – 7 W 64/14 -; LG Koblenz 25.4.2016 – 5 O 72/16 -; OLG Rostock OLG-NL 2001, 92; KG VersR 2009, 1262 ; OLG Dresden, 29.06.2009 – 7 U 499/09; OLG Saarbrücken, 09.02.2010 – 4 W 26/10;
2 Monate bei Auslandsbezug: LG Berlin 6.1.16 – 44 O 133/15 -.
Nach Ansicht des OLG Frankfurts ist davon auszugehen, dass die Dauer der Prüffrist von der Lage des Einzelfalls abhängig ist, in der Regel aber maximal 4 Wochen beträgt. Dabei ist auch der technische Fortschritt in der Schadensbearbeitung zu berücksichtigen, weshalb auch deutlich kürzere Fristen zu erwägen sind.
Insbesondere kann der Geschädigte erwarten, dass der Schädiger kurzfristig mitteilt, ob und inwieweit eine Prüfung stattfindet und welche Verzögerungen durch Ermittlungen etc. zu erwarten sind. Angesichts der Schnelligkeit, mit der Haftpflichtversicherungen in der Lage sind, im Wege des Schadensmanagements auf günstige Mietwagenangebote oder Restwertaufkäufer hinzuweisen, muss dies auch dafür gelten, ob und wann die Versicherung in die Regulierung eintreten will.
Die ggf. vom Versicherer als erforderlich angesehene Einsicht in die Ermittlungsakte hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Dauer dieser Prüffrist, weil sonst berechtigte Interessen des Geschädigten an einer zügigen Regulierung des Schadens ohne triftigen Grund unberücksichtigt blieben