Durch das Landgericht Darmstadt wurde am 12.03.2018 beschlossen, dass bei der Prüfung des Vorwurfs der Trunkenheitsfahrt gemäß § 316 StGB wegen relativer Fahruntüchtigkeit von folgendem Grundsatz auszugehen ist ( 3 Qs 112/18):
Je weiter die festgestellte Blutalkoholkonzentration von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt ist, desto höher sind die Anforderungen an die für das Vorliegen einer relativen Fahruntüchtigkeit festzustellenden alkoholbedingten Ausfallerscheinungen.
Eine absolute Fahruntüchtigkeit ist erst bei einer BAK von 1,1 Promille anzunehmen. Unterhalb dieser Schwelle kann eine relative Fahruntüchtigkeit dann strafbar sein, wenn es zu alkoholbedingten Ausfallerscheinungen kommt.
In dem durch das Landgericht entschiedenen Fall ergab die Untersuchung der um 00:32 Uhr beim Beschuldigten entnommenen Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,54 Promille. Die festgestellte Blutalkoholkonzentration lag damit unterhalb der Schwelle zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille. Je weiter die festgestellte Blutalkoholkonzentration von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt ist, desto höher sind die Anforderungen an die für das Vorliegen einer relativen Fahruntüchtigkeit festzustellenden alkoholbedingten Ausfallerscheinungen.
Ausweislich des ärztlichen Untersuchungsberichts konnten während der medizinischen Untersuchung in der Tatnacht keine Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Auch der Bericht eines Zeugen zu auffälligen Merkmalen insbesondere auf Alkohol und Drogen lässt keine Schlüsse auf alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zu. Soweit der Zeuge angab, dass der Beschuldigte dem Polizeifahrzeug die Vorfahrt genommen habe, kann der Vorfahrtsverstoß auch als üblicher Verkehrsverstoß gewertet werden und muss keine alkoholbedingte Ausfallerscheinung sein. Auch der Umstand, dass es etwa knapp 5 Sekunden dauerte, bis der Beschuldigte nach dem Aufleuchten des Anhaltesignals „Stop Polizei“ am Fahrbahnrand anhielt, deutet nicht zwingend auf eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung hin, denn dem Beschuldigten muss eine gewisse Zeit zum Realisieren und Verarbeiten des Anhaltesignals zugestanden werden. Auch die vom Zeugen … geschilderte Nervosität des Beschuldigten begründet nicht zwingend eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung, denn eine gewisse Nervosität des Beschuldigten ist vor dem Hintergrund seines Alkoholkonsums nachvollziehbar unabhängig von etwaigen Ausfallerscheinungen. Soweit der Beschuldigte seinen Schlüssel im Auto suchte, obwohl er ihn in der Hand hielt, kann dies auch auf seine Nervosität zurückzuführen sein und lässt nicht zwingend den Schluss auf eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung zu.
Mangels alkoholbedingter Ausfallerscheinungen und somit mangels dringenden Tatverdachtes war der Beschluss aufzuheben und der Führerschein ist freizugeben
Festzuhalten ist danach, dass bei Fällen, bei denen der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit noch deutlich unterschritten wird, es sich anbietet, das Vorliegen alkoholbedingter Ausfallerscheinungen aus Beschuldigtensicht kritisch zu hinterfragen.