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Ein Antrag zur Istbesteuerung gemäß § 20 Abs. 1 UStG kann auch durch schlüssiges Verhalten (z.B. durch Abgabe einer Umsatzsteuererklärung) gestellt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann dies jedoch nur dann gelten, wenn für das Finanzamt deutlich erkennbar ist, dass die Umsätze auf Grundlage der tatsächlichen Einnahmen erklärt worden sind.

Beendet der Steuerpflichtige seine unternehmerische Tätigkeit und nimmt später eine neue Tätigkeit auf, setzt die Istbesteuerung für diese neue Tätigkeit einen erneuten Antrag gemäß § 20 UStG voraus. (FG Hamburg, Urteil vom 23. Juli 2021 – 2 K 205/20 –, juris).

Nach § 16 Abs. 1 UStG ist die Steuer, soweit nicht § 20 UStG gilt, nach vereinbarten Entgelten zu berechnen (sog. Sollbesteuerung). Gem. § 20 Abs. 1 UStG kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer, dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr eine bestimmte Grenze nicht überschritten hat, oder der von der Verpflichtung, Bücher zu führen oder auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist, oder soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausführt, die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten, sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet (sog. Istbesteuerung).

Notwendig für den Wechsel zur Istbesteuerung ist mithin ein Antrag, aufgrund dessen das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten durch formlosen Verwaltungsakt auf § 118 Satz 1 AO gestattet haben muss (BFH, Beschluss vom 11. Mai 2011, V B 63/10, BFH/NV 2011, 1406). Der Antrag kann auch konkludent gestellt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann aber eine Steuererklärung, bei der die Besteuerungsgrundlagen nach tatsächlichen Einnahmen erklärt worden sind, nur dann als konkludenter Antrag auf Gestattung der Istbesteuerung angesehen werden, wenn er deutlich erkennbar zu entnehmen ist, dass die Umsätze auf Grundlage vereinnahmter Entgelte erklärt worden sind (BFH, Urteil vom 18. August 2015, V R 47/14BStBl II 2018, 611; BFH, Beschluss vom 11. Mai 2011, V B 63/10, BFH/NV 2011, 1406) Ein konkludenter Antrag kann sich unter Umständen auch daraus ergeben, dass eine Umsatzsteuererklärung eingereicht wird, welche mit den Angaben in der Einnahmenüberschussrechnung korreliert, so dass für das Finanzamt die Ermittlung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten deutlich hervortritt (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 28. April 2014, 16 K 128/12, juris). Der Ermessensverwaltungsakt im Sinne der §§ 130131 AO, mit welchem die Istbesteuerung gestattet wird, muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch stillschweigend bekannt gegeben werden. Jedoch fehlt es an einer Gestattung, wenn das Finanzamt keine oder keine nach außen erkennbare Entscheidung getroffen hat. (BFH, Beschluss vom 11. Mai 2011, V B 63/10, BFH/NV 2011, 1406).

Die Dauer der Wirksamkeit der Erlaubnis richtet sich grundsätzlich nach § 124 Abs. 2 AO. Danach bleibt wirksam, solange sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Sowohl Antrag als auch Gestattung sind jedoch an die Unternehmereigenschaft und das Unternehmen gekoppelt. Stellt der Unternehmen sein Unternehmen ein, wird eine ihm gegenüber erteilte Gestattung gegenstandslos. Bei Aufnahme einer neueren unternehmerischen Betätigung bedarf es eines neuen Antrags und der entsprechenden Genehmigung.