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Die Anschaffung eines internetfähigen Endgeräts nebst Zubehör zur Teilnahme am pandemiebedingten Hausschulunterricht stellt einen durch das Jobcenter anzuerkennenden Mehrbedarf dar (§ 21 Abs. 6 SGB II).

Der geltend gemachte Bedarf für die Anschaffung eines internetfähigen Computers zur Teilnahme am pandemiebedingten Hausschulunterricht ist i. S. d. § 21 Abs. 1 SGB II nicht im Regelbedarf berücksichtigt. Mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) hat der Gesetzgeber eine Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorgenommen und nach Fortschreibung die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsangaben festgesetzt. Ein Bedarf für die Anschaffung von Schulcomputern wurde dabei nicht berücksichtigt. Damit ist der Regelbedarf unter den gegenwärtigen Umständen der Pandemie nicht mehr in realitätsgerechter Weise zutreffend erfasst.

Dieser Bedarf ist zwar streng genommen dem Bereich „Leistungen für Bildung und Teilhabe“ zuzurechnen. Eine Anspruchsgrundlage ist in der dafür einschlägigen Vorschrift des § 28 SGB II jedoch nicht enthalten. § 24 SGB II sieht lediglich eine Darlehensgewährung vor und erscheint daher vor dem Hintergrund der Gefahr dauerhafter Bedarfsunterdeckung nicht ausreichend.

Vor diesem Hintergrund ist die Härtefallvorschrift des § 21 Abs. 6 SGB II verfassungskonform auszulegen und das Jobcenter zu der Kostenübernahme für einen Computer, der für den Schulunterricht benötigt wird, zu verpflichten.

Die Anschaffung eines internetfähigen Endgeräts ist mit der Schließung des Präsenzunterrichts zur Verwirklichung des Rechts des Kindes auf Bildung und der Chancengleichheit erforderlich geworden. Während der pandemiebedingten Schließung des Präsenzunterrichtes besteht damit die Möglichkeit, auf die „Schulcloud“ zuzugreifen und sich mit Lernmaterialien und Aufgaben zu versorgen.

Der Anwendung des § 21 Abs. 6 SGB II steht nicht entgegen, dass es nicht um einen laufenden, sondern um einen einmaligen Bedarf geht, wenn allein auf die Anschaffung der Geräte abgestellt wird.

Auch die Beschaffung eines Gegenstandes zur laufenden Benutzung kann einen laufenden Bedarf i. S. d. § 21 Abs. 6 SGB II darstellen (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 12/13 R, zu den Gebühren für die Miete eines Cellos). Es ist unerheblich, ob der Bedarf durch eine einmalige Anschaffung im Rahmen eines Kaufvertrages oder durch ein Dauerschuldverhältnis (Miete, Leasing u. a. m.) gedeckt wird. Entscheidend ist das Vorliegen einer atypischen Bedarfssituation, die auf Dauer zu spürbaren Einschränkungen des Existenzminimums führt, weil ein von einem durchschnittlichen Bedarf abweichendes Bedürfnis zur Sicherung des Existenzminimums entsteht.

Der Bedarf war auch unabweisbar. Im Haushalt der Familie war lediglich ein internetfähiges Smartphone vorhanden. Dieses erschien für die Erledigung von Aufgaben und Beschaffung von Lernmaterial aufgrund des kleinen Formats ungeeignet, auch war ein Drucker als Zubehör notwendig.

Allerdings begründet das SGB II keinen Anspruch auf bestmögliche Versorgung, sondern gewährleistet die Befriedigung einfacher und grundlegender Bedürfnisse. Es ist daher nach der Rechtsprechung dem Leistungsempfänger grundsätzlich zumutbar, Gebrauchtgeräte zu verwenden (LSG Thüringen , Beschluss vom 08. Januar 2021 – L 9 AS 862/20 B ER –, juris).

Das Jobcenter kann seinen Verpflichtungen auch dadurch nachkommen, dass es die Kosten in Höhe von maximal 500,- EUR für die Anschaffung der Objekte durch den Berechtigten selbst übernimmt.