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Nach § 50 Abs. 1 SGB X können bereits erbrachte Sozialleistungen zurückgefordert werden, wenn der der Leistungserbringung zugrunde liegende Verwaltungsakt aufgehoben wurde. Damit eine Rückforderung der Leistungen geltend gemacht werden kann, muss zunächst die Rechtsgrundlage für die Leistungsgewährung beseitigt werden.

Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nach dessen Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur noch unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X aber nicht berufen, soweit

  1. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
  2. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Sofern die Rechtmäßigkeit eines Rücknahmebescheids nach § 45 SGB X streitig ist trägt grundsätzlich die Behörde die objektive Beweislast für die Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Bescheide; eine Umkehr der Beweislast ist nur dann gerechtfertigt, wenn in der Sphäre des Hilfesuchenden wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Hilfesuchende an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl. BSGE 71, 256, 264; BSGE 89, 243, 247).

Sofern ein Begünstigter – wie in einem durch das Sozialgericht Karlsruhe entschiedenen Fall – psychisch erkrankt ist, kann eine Rückforderung von erbrachten Sozialleistungen ausgeschlossen sein (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 01. Februar 2011 – S 4 SO 3797/09 –, juris). Die Leistungsempfängerin wies seinerzeit eine chronische psychische Erkrankung auf, aufgrund der noch nicht einmal eine selbständige Haushaltsführung möglich war. So waren ein Suizidversuch durch Tablettenintoxikation bei Verdacht auf schizophrene Psychose nach anamnestisch multiplem Drogenabusus, Alkoholabhängigkeit und Borderline-Störung zu berücksichtigen. Das Gericht nahm i.Ü. an, dass die Leistungsempfängerin intellektuell schnell an Grenzen komme und es ihr schwerfalle, Konsequenzen von Versäumnissen zu berücksichtigen. Damit war ein schuldhaftes Verhalten der Leistungsempfängerin beim Ausfüllen von Leistungsanträgen und bei Mitwirkungshandlungen zur Aufklärung der Hilfebedürftigkeit im Sinne eines grob fahrlässigen Verhaltens ausschlossen.

Soziallleistungen konnte nicht zurückgefordert werden.