Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach Satz 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH, ungeachtet der konkreten Bezeichnung des der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden Vertrags. Die seit dem 1. April 2017 in § 611a BGB erstmals aufgenommene gesetzliche Definition des Arbeitsvertrags ist für den Begriff der Beschäftigung dagegen nicht maßgeblich.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine „Beschäftigung“ vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine (formlose) Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist zunächst vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen „Etikettenschwindel“ handelt, der u.U. als Scheingeschäft i.S.d. § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen.
Von der Rechtsprechung wird bei der Prüfung der Frage, ob eine Sozialversicherungspflicht bzw. freiheit mitarbeitender Gesellschafter besteht, u.a. auf die Höhe des Gesellschaftsanteils abgestellt
Wer Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft hält, ist nur dann selbständig erwerbstätig, wenn damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist und er über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit abzuwehren. Dies ist im Regelfall bei einem mitarbeitenden Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 50 %, der nicht zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt ist, nicht der Fall. Denn er besitzt regelmäßig nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit gegenüber der GmbH nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Insoweit hat das LSG Baden-Württemberg folgendes ausgeführt:
„Wer Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft – sei es auch an einer Familiengesellschaft – hält, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nur dann selbständig erwerbstätig, wenn damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist; das kann insbesondere in einem seinem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht zum Ausdruck kommen oder ausnahmsweise auch in Form einer Sperrminorität, wenn der Betroffene damit rechtlich zugleich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit abzuwehren.
Maßgeblich ist damit bei einem GmbH-Geschäftsführer, in welchem Maße er der Kontrolle und den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt. Eingriffe in seinen Tätigkeitskreis muss ein Geschäftsführer infolge seiner Abhängigkeit von der Gesellschafterversammlung hinnehmen, selbst wenn der Geschäftsführervertrag keine Bestimmungen hierüber enthielte. Dh es kommt darauf an, wer letztlich auf die Willensbestimmung der Gesellschafterversammlung den maßgeblichen Einfluss an. Dies hängt sowohl von den jeweiligen Anteilsverhältnissen der Gesellschafter ab, als auch von der Frage, ob und in welchem Umfang im Gesellschaftsvertrag Sperrminoritäten eingeräumt sind. Wer als Geschäftsführer Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft hält, ist dann selbstständig tätig, wenn damit eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist, etwa in Form einer Sperrminorität, und der Betroffene damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren.
Wie auch bereits durch das Bundessozialgerichts in dem Urteil vom 14.03.2018 (Az. B 12 KR 13/17 R) festgestellt wurde ist mithin entscheidend, dass eine echte Sperrminorität bei dem Geschäftsführer besteht und diese umfassend ist, d.h. die gesamte Unternehmenstätigkeit einschließt (vgl. auch LSG Hessen, Urteil v. 21.03.2019, L 8 KR 142/ 17-, juris; Urteil v. 21.03.2019, Az. L 8 KR 142/ 17; Urteil v. 14.06.2017, L 8 KR 250/16; LSG Sachsen, Urteil v. 11.01.2019, L 1 KR 82/ 17; Urteil v. 08.06.2017, L 1 KR 200/16LSG NRW, Urteil v. 24.10.2019, L 8 617/ 17; SG Kassel, Urteil v. 17.05.2017, S 12 KR 436/15). Wirtschaftliche Verflechtungen oder tatsächliche Einflüsse kraft familiärer Verbundenheit oder überlegenen Wissens spielen daher keine Rolle (vgl. LSG NRW, Urteil v. 19.06.2019, L 8 BA 42/199.