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Fehlerhaften Vorstellungen des Mieters über die Ertragsaussichten sind ein sogenannter unbeachtlicher „Motivirrtum“, d.h. sie begründen kein Recht zur Anfechtung eines Mietvertrages wegen Irrtums gem. § 119 BGB.

Auch sind die Gewinnerwartungen des Mieters regelmäßig kein wichtiger Grund, um einen Mietvertrag außerordentlich zu kündigen (vgl. BGH NZM 2000, 492).

Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn ein bestimmter Umstand die Geschäftsgrundlage zwischen den Parteien war und dieser Umstand später wegfällt (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 18.09.2017, AZ 1 U 82/17, juris).

Anerkannt ist, dass neben der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB sich der Mieter auch auf das aus § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB folgende Recht zur Kündigung stützen kann, wenn die Geschäftsgrundlage des Mietverhältnisses gestört und eine Anpassung des Vertrages ihm nicht zuzumuten ist. So kann etwa der Umstand, dass der vorgesehene Betrieb einer Gaststätte aufgrund der staatlichen Verbote infolge der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit nicht möglich ist, als Anknüpfungspunkt angesehen werden, wobei es auf die Prüfung der Umstände des Einzelfalls ankommt.

Eine Störung der Geschäftsgrundlage liegt nur vor, wenn keine Korrektur des Ergebnisses im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung möglich ist. Enthält bereits der Vertrag nach seinem gegebenenfalls durch ergänzende Auslegung nach § 157 BGB zu ermittelnden Inhalt Regeln für Wegfall, Änderung oder Fehlen bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung nach § 313 BGB aus. Die Ermittlung des Inhalts und der Bedeutung von Individualabreden ist Aufgabe der Tatsacheninstanzen. Deren Auslegung soll darauf geprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (BGH,  NJW 2002, 3248). Die Geschäftsgrundlage wird auch im Mietrecht durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, aber bei Vertragsschluss zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbar nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt oder den Fortbestand gewisser Umstände, auf denen sich der Vertragswille aufbaut, gebildet (Sternel, Mietrecht aktuell, 2009, VIII. Rn. 215).