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Nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.

Für die Beurteilung der Erheblichkeit einer Pflichtverletzung sind im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr.1 BGB sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (st. Rspr., vgl. nur LG Berlin, Urt. v. 16. Juni 2016 – 67 S 125/16, NZM 2017, 361, juris Tz. 18; Urt. v. 13. Februar 2020 – 67 S 369/18, WuM 2020, 278 Tz. 29; Bieber, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 573 Rz. 63 m.w.N.). Zu berücksichtigen ist bei verhaltensbedingten Pflichtverletzungen des Mieters stets die beanstandungsfreie Dauer des bisherigen Vertragsverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr, der dem Mieter zur Last zu legende Grad des Verschuldens, die besonderen persönlichen Umstände des Mieters und ein mögliches pflichtwidriges (Vor-)Verhalten des Vermieters (vgl. Kammer, Urt. v. 16. Juni 2016, a.a.O., m.w.N.).

In einem durch das Landgericht entschiedenen Fall, wurde durch den Vermieter die jahrlange Untervermietung geduldet, wobei der Hauptmieter zuvor ausgezogen war (LG Berlin, Urteil vom 11. Oktober 2022 – 67 S 111/22 –, juris). Insoweit wurde zugunsten des Untermieters angenommen, dass der Vermieter seit Jahren Kenntnis von der Untervermietung hatte. Dies stand aus Sicht des Gerichts der hinreichenden Erheblichkeit der geltend gemachten Pflichtverletzung – und noch dazu ohne vorherige Abmahnung – entgegen.

Darüber hinaus wurde durch das Gericht darauf abgestellt, dass einer etwaigen Pflichtverletzung des Mieters das für eine Kündigung erforderliche Gewicht auch deshalb nicht zukomme, da ihm jedenfalls nur ein gering ausgeprägtes Verschulden zur Last zu legen wäre. Denn der Mieter hätte sein Recht zur umfassenden und zeitlich unbegrenzten Gebrauchsüberlassung allenfalls fahrlässig verkannt. Bei der kündigungsrechtlichen Beurteilung des Verschuldens eines Mieters wiege Fahrlässigkeit aber weit geringer als Vorsatz (vgl. LG Berlin, Urt. v. 3. Juli 2018 – 67 S 20/18, DWW 2018, 302, juris Tz. 19 m.w.N).

Schließlich ging das Landgericht davon aus, dass einer etwaigen Pflichtverletzung des Mieters wegen der besonderen Umstände dieses Einzelfalls das für eine ordentliche Kündigung erforderliche Gewicht erst dann zukäme, wenn er die vollständige Gebrauchsüberlassung trotz eines entgegenstehenden gerichtlichen Unterlassungstitels gleichwohl fortsetzen würde.