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Der Mieter kann unabhängig von einem eventuellen Widerspruchsrecht aufgrund der Sozialklausel nach § 574 BGB im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens eine Räumungsfrist beantragen. Allerdings muss der Mieter diesen Antrag vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung stellen (§ 721 ZPO). Auf diesen Antrag hin wird dann das Gericht ggf. eine angemessene Räumungsfrist gewähren. Durch die Räumungsfrist soll die Obdachlosigkeit des Mieters verhindert werden, indem diesem ein angemessener Zeitraum bewilligt wird, um eine andere Wohnung anzumieten.

Auch bei einer fristlosen Kündigung kann eine Räumungsfrist bewilligt werden. In einem Räumungsprozess wegen Zahlungsverzuges wird zumeist eine Räumungsfrist von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils eingeräumt. Stellt sich heraus, dass die Frist zu kurz bemessen war, kann sie bei einem entsprechenden Antrag verlängert werden, wobei ein Zeitraum von insgesamt einem Jahr nicht überschritten werden darf.

Scheidet eine Verlängerung der Räumungsfrist aus, etwa weil der Antrag nicht fristgemäß gestellt wurde oder die Frist vollständig ausgeschöpft wurde, bleibt dem Mieter noch die Möglichkeit, einen Antrag auf Vollstreckungsschutz gemäß § 765 a ZPO zu stellen. Für diesen gelten allerdings strenge Maßstäbe (OLG Hamm WuM 83, 267). So kann bei einer Gefährdung von Leben und Gesundheit des Mieters durch den drohenden Umzug einer Räumung entgegengetreten werden (BVerfG WuM 80, 27; OLG Köln WuM 89, 585). Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Mieter bereits betagt ist oder geistig gebrechlich (BVerfG WuM 92, 5), ferner bei drohendem Suizid des Mieters (BVerfG WuM 92, 6). Bei einem wirksamen Vollstreckungsschutzantrag ist selbst ein auf Dauer wirkender Ausschluss der Zwangsvollstreckung in gravierenden Ausnahmefällen möglich (BVerfG WuM 93, 239). So hat das Landgericht Hamburg (WuM 91, 114) angenommen, dass die Vollstreckungsschutzvorschrift bei der seinerzeitigen Wohnungsnot zu Gunsten des Mieters “extensiver als bisher anzuwenden” sei. Ferner kann dem Mieter Vollstreckungsschutz zur Vermeidung eines zweimaligen Umzugs auch nach Ausschöpfung der Räumungsfrist gewährt werden, wenn der Einzug in eine Ersatzwohnung kurz bevorsteht. Allerdings gilt dies nicht, wenn der Mieter sich trotz Kenntnis der Räumungsverpflichtung unverständlich lange nicht mit entsprechendem Nachdruck um Ersatzwohnraum kümmert.

Schließlich kann unter besonderen Umständen die Vollstreckung eines Räumungsurteils unzulässig sein, wenn der Vermieter damit mehrere Jahre gewartet hat oder sich nach Abschluss des Prozesses wesentliche Änderungen beim Vermieter ergeben haben.