Verwendet ein Vermieter in einem Gewerberaummietvertrag formularmäßig eine Klausel, wonach eine Minderung der Miete ausgeschlossen ist, sofern die Nutzung der Räume durch Umstände beeinträchtigt wird, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, ist die Regelung im Zweifel dahin auszulegen, dass die Minderung insoweit vollständig ausgeschlossen wird und dem Mieter keine Möglichkeit der Rückforderung der Miete nach § 812 BGB verbleibt. Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen und ist unwirksam (BGH, Urteil vom 23. April 2008 – XII ZR 62/06 –, BGHZ 176, 191-198).
Der BGH stellte bei seiner Prüfung darauf ab, dass die Auslegungsregel des § 305 c Abs. 2 BGB eingriff, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gingen. Dies führt jedenfalls dann, wenn eine Auslegungsvariante gegen §307 BGB verstößt, dazu, dass die kundenfeindlichste Variante sich durchsetzt (Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 10. Aufl. § 305 c BGB Rdn. 91). Nach § 307 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt im Zweifel vor, wenn die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Nach ständiger Rechtsprechung benachteiligen Minderungsbeschränkungen in Geschäftsraummietverträgen, die den Mieter bei Vorliegen eines den Gebrauch einschränkenden Mangels einstweilen zur Zahlung der vollen Miete verpflichten und ihn wegen der überzahlten Miete auf einen Rückzahlungsanspruch (§ 812 BGB) verweisen, den Mieter nicht unangemessen (BGHZ 91, 375, 382 f). Diese Ansicht wird auch in der Literatur vorwiegend vertreten (Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 9. Aufl. § 536 BGB Rdn. 426 f.; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. Rdn. 363; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 14 Rdn. 305; Bub in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 518; Kraemer ebenda III Rdn. 1373; Fritz Gewerberaummietrecht 4. Aufl. Rdn. 171 b). Solche Klauseln, die nur die Einbehaltung des Minderungsbetrages von der laufenden Miete ausschließen, dem Mieter jedoch die Möglichkeit belassen, den geminderten Teil der Miete nach § 812 BGB zurückzufordern, tragen dem berechtigten Interesse des Vermieters an der fortlaufenden pünktlichen Zahlung der vereinbarten Miete Rechnung. Um seine Immobilie ohne Liquiditätsprobleme bewirtschaften und finanzieren zu können, ist der Vermieter auf den vollständigen pünktlichen Eingang der laufenden Mietzahlungen angewiesen. Ein direkter Abzug des Minderungsbetrages aufgrund vom Mieter behaupteter umstrittener Mängel kann dazu führen, dass der Vermieter bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Klärung, ob die behaupteten Mängel bestehen, nicht mehr in der Lage ist, die laufenden Bewirtschaftungs- und Kapitalkosten aufzubringen (vgl. Horst Abkopplungsklauseln im Gewerbemietrecht S. 88 ff.). Das sich daraus ergebende Sicherungsinteresse des Vermieters rechtfertigt es, die Verwirklichung des Minderungsrechts durch Abzug von der laufenden Miete jedenfalls insoweit auszuschließen, als das Minderungsrecht nicht unstreitig oder rechtskräftig festgestellt ist, und den Mieter wegen eines Rückzahlungsanspruchs der überzahlten Miete auf eine gesonderte Klage zu verweisen.
Demgegenüber benachteiligt der endgültige Ausschluss der Minderung, der dem Geschäftsraummieter bei Vorliegen eines den vertragsgemäßen Gebrauch einschränkenden Mangels auch den Rückzahlungsanspruch verwehrt, den Mieter unangemessen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Minderung ist Ausdruck des das Schuldrecht prägenden Äquivalenzprinzips und hat daher die Aufgabe, die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen sicherzustellen Ein vollständiger Ausschluss der Minderung durch formularvertragliche Regelung verletzt deshalb das zu den wesentlichen Grundgedanken des Schuldrechts gehörende Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung. Das gilt auch, soweit – wie im vorliegenden Fall – der Minderungsausschluss allein Mängel betrifft, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Denn die Minderung setzt kein Verschulden auf Seiten des Vermieters voraus. Der Mieter kann vielmehr selbst dann mindern, wenn der Vermieter nicht über die Möglichkeit zur Beseitigung des Mangels verfügt. Insoweit wird dem Vermieter die Vergütungsgefahr auferlegt. Er verliert den Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung, weil er die von ihm geschuldete Leistung, die Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand, nicht erbringen kann. Ein vollständiger Ausschluss der Minderung bei von Dritten zu verantwortenden Einschränkungen des vertragsgemäßen Gebrauchs ist mit diesen wesentlichen Grundgedanken der Minderung nicht vereinbar. Der Mieter müsste die volle Miete entrichten, ohne eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Er könnte die zu viel gezahlte Miete nicht zurückfordern und bliebe gegebenenfalls über einen langen Zeitraum endgültig zur vollen Mietzahlung verpflichtet, obwohl ihm der Vermieter den geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauch nur erheblich eingeschränkt gewähren kann. Darin liegt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Allerdings ist im Falle einer teilweisen Unwirksamkeit des Gewerbemietvertrages nicht im Zweifel nach § 139 BGB von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen. Eine dem § 139 BGB vorgehende Sonderregel stellt § 306 Abs. 1 NBGB bei Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf: Ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Der Vertrag ist also gerade nicht „im Zweifel unwirksam“, wie es bei Anwendung des § 139 BGB anzunehmen wäre. Nur unter den Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 kommt eine Gesamtnichtigkeit in Betracht. Der Vertrag ist infolgedessen nur unwirksam, wenn das Festhalten an ihm eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde (§ 306 Abs. 3 BGB).