Durch das Landgericht München wurde entschieden, dass bei behördlich veranlasster Schließung einer gewerblich genutzten Mietsache aufgrund der Corona-Pandemie eine Würdigung des Einzelfalls erforderlich ist. Aus diesem Grunde war die Miete zumindest teilweise zu zahlen (Urteil vom 22.09.2020, Az. 3 O 4495/20).
Die Klägerin forderte als Vermieterin der Geschäftsräume der Beklagten in der Münchner Innenstadt Mietzahlungen für die Monate April, Mai und Juni 2020. Die Mieterin sah für den Zeitraum von Beschränkungen infolge der Corona-Pandemie die Mietzahlungspflicht auf bis zu 100% gemindert, im Übrigen berief sie sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage.
Die Mieterin konnte nach Ansicht des Gerichts die Miete nur teilweise und in Abstufungen der jeweils geltend gemachten Mietmonate mindern.
Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten, während der Vermieter durch den Mietvertrag verpflichtet ist, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren (§ 535 BGB). Dies bedeutet, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten hat.
Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Dabei bleibt eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit außer Betracht.
Öffentlich-rechtliche Beschränkungen als rechtliche Verhältnisse können einen Mangel darstellen, wenn sie sich auf Beschaffenheit, Benutzbarkeit oder Lage der Sache beziehen, wobei es auf den vereinbarten Geschäftszweck ankommt und die Beschränkung grundsätzlich bestehen muss.
Vor diesem Hintergrund sah das Gericht die Beschränkungen der Mietsache als Mietmangel an. Von den Parteien vorausgesetzter Mietzweck war der Betrieb zur Nutzung als Möbelgeschäft. Dieser Mietzweck konnte nach den öffentlich rechtlichen Beschränkungen infolge der Corona Epidemie nicht mehr eingehalten werden. Diese Beschränkungen fielen nicht in den Risikobereich der Mieterin. Aufgrund des Mangels war ein Minderungsbetrag zu bemessen. Die Minderung tritt ein, ohne dass sich der Mieter darauf berufen muss. Es ist eine angemessene Herabsetzung entsprechend der Tauglichkeitsminderung durch Schätzung eines prozentualen Abschlags vorzunehmen, bei erheblicher Minderfläche entsprechend der prozentualen Flächenabweichung. Bei gewerblichen Räumen ist in erster Linie auf die Störung der Betriebsausübung abzustellen.
Im April 2020 war wegen der weitgehenden Schließung des Ladenlokals durch die Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen und Allgemeinverfügungen ein verkaufender Geschäftsbetrieb für den Publikumsverkehr fast unmöglich. Zur Verfügung standen die Räumlichkeiten im Prinzip für Mitarbeiter, die Aufrechterhaltung der Verwaltung oder Inventararbeiten, ggf. für einen Versandhandel. Daher ging das Gericht von einem weitgehenden Minderungsbetrag von 80% aus.
Im Monat Mai konnte bis zum 11.5.2020 nur eine Fläche bis 800 Quadratmeter als Verkaufsfläche für Erdgeschoß und Untergeschoß genutzt werden (von insgesamt 2.929 Quadratmetern). Ab 11.5.2020 bestanden ohne Beschränkung der Verkaufsfläche weiterhin Beschränkungen des Publikumsverkehrs. Dies bedeutet, dass im ersten Drittel des Mai nur gut 25% der gemieteten Fläche zur Verfügung standen, die auch noch mit Aufwand abgegrenzt werden mussten. In den letzten zwei Dritteln des Mai war eine Kundenbeschränkung vorhanden, wobei Anpassungsaufwand anfiel. Daher schätzte das Gericht für den Monat Mai die Mietminderung mit 50% ein.
Für den Monat Juni 2020 ging das Gericht von einer deutlich abgeschmolzenen Mietminderung aus, da das Geschäft ohne Flächenbegrenzung betrieben werden konnte, jeweils aber eine erhebliche Einschränkung der aufzunehmenden Kunden unter Einhaltung eines Hygienekonzepts vorzunehmen war. Hier nahm das Gericht die Minderung mit 15% an.
In der vorliegenden Konstellation lag i.Ü. eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, da die Parteien die Folgen einer eintretenden Coronapandemie und Infektionsschutzmaßnahmen durch den Staat nicht bedacht hatten und so den Vertrag kaum geschlossen hätten (§ 313 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Als Rechtsfolgen ergab sich hieraus auch die Anpassung auf eine reduzierte Miete. Deren Höhe entsprach der gesetzlichen Minderung. Dabei hielt das Gericht die Anwendung der Mängelhaftungsregelungen aber für vorrangig