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Voraussetzung einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz ist, dass die Regelung durch das Gericht dringlich ist (§ 214 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Diese Dringlichkeit ist indiziert, wenn eine Tathandlung nach § 1 GewSchG glaubhaft gemacht ist.

Der Antragsgegner kann diese Vermutung allerdings durch den Nachweis fehlender Dringlichkeit entkräften. Bestreitet er lediglich pauschal weitere tatbestandliche Handlungen, geht die Nichterweislichkeit des Fehlens weiterer Taten zu seinen Lasten (OLG Köln, Beschluss vom 4. Januar 2021 – II-10 UF 168/20 –, juris).

Der Antragsteller kann die Vermutung der Dringlichkeit in einem Gewaltschutzverfahren auch durch sein eigenes Verhalten widerlegen. Sie entfällt, wenn der nicht durch eine gerichtliche Regelung geschützte Antragsteller mit der Rechtsverfolgung zu lange wartet oder das Verfahren nicht zügig, sondern schleppend betreibt. Er gibt dann durch sein Verhalten selbst zu erkennen, dass es „ihm nicht eilig ist“.

Die im Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätze enthalten einen verallgemeinerungsfähigen Ausschlussgedanken, der jedenfalls für den Erlass einer Gewaltschutzanordnung gilt (OLG Hamburg, Beschluss vom 20. Oktober 2020 – 12 WF 125/20 –, juris; vgl. auch MükoZPO/Drescher, 6. Auflage 2020, § 935 Rn. 18).

Eine Dringlichkeit kann im Übrigen auch noch während des Verfahrens entfallen. Dabei können auch Fristverlängerungs- oder Terminverlegungsanträge die Dringlichkeitsvermutung widerlegen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.10.2017, 2 U 162/16, WRP 2018, 369 Rn. 43).

Auch kann die Dringlichkeitsvermutung entfallen, wenn der Antragsteller trotz Verstößen gegen eine erlassene einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz binnen angemessener Zeit keinen Vollstreckungsantrag gemäß § 96 Abs. 1 FamFG stellt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2018, I-20 U 114/17; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.03.2010, Az. 6 U 219/09).