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Ergreift ein Sachverständiger Maßnahmen, die nicht von dem Gutachterauftrag gedeckt sind (z.B. Durchführung einer Mediation), kann sich hieraus die Befürchtung fehlender Unparteilichkeit ergeben, aufgrund derer ein Sachverständiger abgelehnt werden kann (vgl. BGH,  NJW-RR 2013, 851; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. März 2016 – 7 WF 15/16 –, juris; OLG Dresden, IBR 2015, 458)

Die Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann berechtigt sein, wenn der Sachverständige den Gutachterauftrag in einer Weise erledigt, die als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei gedeutet werden kann. Eine solche unsachliche Grundhaltung kann sich daraus ergeben, sofern er etwa dem Gericht vorbehaltene Aufgaben wahrnimmt (OLG Köln, NJW-RR 1987, 1198, 1999 [OLG Köln 30.12.1986 – 20 W 65/86]; OLG Celle, NJW-RR 2003, 135OLG Jena, FamRZ 2008, 284, juris Rdn. 60 ff.; OLG Dresden, Beschluss vom 26. Mai 2015, 9 W 130/15, juris Rdn. 7; BeckOK-ZPO/Scheuch, § 406 Rdn. 24.3).

So steht beispielsweise die Regelung des Umgangs gemäß § 1684 BGB allein dem Richter zu. Empfiehlt der Sachverständige etwa den Mitarbeitern des zuständigen Jugendamts, die Dauer der Umgangskontakte zwischen dem betroffenen Kind und einem Elternteil zu verkürzen, überschreitet er die ihm durch den Gutachtenauftrag gezogenen Grenzen. Veranlasst er die Durchführung einer Mediation durch ihn selbst, wird ebenfalls die Funktion des Sachverständigen nicht beachtet. Die Aufgabe des Sachverständigen ist darauf beschränkt, die an ihn gerichteten Beweisfragen (hier: zur Erziehungsfähigkeit der Eltern) zu beantworten.

Dabei ist es unerheblich, ob der Sachverständige in dem ethisch durchaus billigenswerten Bestreben handelt, das betroffene Kind vor weiterem Schaden zu bewahren oder den Konflikt der Eltern zu befrieden. Dieses Ziel hätte er dadurch verfolgen können und müssen, dass er das Familiengericht über seine Sichtweise informierte. Nimmt der Sachverständige stattdessen die Dinge selbst in die Hand beruht dies auf einem grundlegenden Missverständnis der Funktion eines gerichtlich bestellten Sachverständigen. Dessen Aufgabe ist es keineswegs, für eine dem Kind zumutbare Durchführung von Umgangskontakten Sorge zu tragen oder eine umfassende Lösung für den Konflikt der Beteiligten zu finden. Ihm obliegt auch nicht die Entscheidung darüber, was dem Kindeswohl am besten entspricht. Seine Aufgabe ist es lediglich, dem Gericht – als dessen Gehilfe – die für dessen Entscheidung notwendige Sachkunde zu vermitteln (BGH, NJW 2006, 3214 Rdn. 11). Überschreitet der Sachverständige die seiner Tätigkeit gezogenen Grenzen gibt hat er Anlass, an seiner Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Das rechtfertigt die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit.