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Verwertung einer Immobilie: Risiken beim Unterhalt

Entgegen einer vielfach vertretenen Ansicht ist die Verwertung einer Immobilie bei der Ermittlung der Unterhaltspflicht keineswegs unproblematisch. Dies verdeutlicht auch eine Entscheidung des OLG Nürnberg (Beschluss vom 16. Juli 2020 – 10 UF 1286/19 –, juris).

Danach kann ein Unterhaltspflichtiger, dessen Leistungsfähigkeit auf der Zurechnung des Wohnwertes einer selbst genutzten Immobilie beruht, gehalten sein, den Erlös aus dem Verkauf einer anderen Immobilie zur Renovierung der selbst genutzten Immobilie zu verwenden. Ferner ging das OLG davon aus, dass ein Unterhaltspflichtiger, dessen Leistungsfähigkeit auf der Zurechnung des Wohnwertes einer selbst genutzten Immobilie beruhte, gehalten sein könne, den Erlös aus der Veräußerung dieser Immobilie als Vermögen zur Unterhaltsleistung einzusetzen.

Grundsätzlich ist die Verfügung des Antragstellers über sein Eigentum, wie der Verkauf der Immobilien, zu respektieren. Die Anerkennung der Konsequenzen aus einer solchen Entscheidung ist beim Unterhalt aber eingeschränkt durch die unterhaltsrechtlichen Pflichten des Veräußerers. Dabei sind insbesondere Billigkeitserwägungen, wie sie in der negativen Härteklausel des § 1579 BGB zum Ausdruck kommen, ggf. auch dem Unterhaltspflichtigen entgegenzuhalten.

Beim Wohnvorteil kommt daher auf beiden Seiten eine Zurechnung fiktiver Einkünfte dann in Betracht, wenn dem Unterhaltspflichtigen oder dem Unterhaltsberechtigten ein verantwortungsloses oder zumindest leichtfertiges Herbeiführen seiner Leistungsunfähigkeit vorzuwerfen ist (OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 1863). Ein solches Verhalten kann z. B. im Umzug zu einem neuen Lebensgefährten liegen, der zum Verlust des bisherigen Arbeitseinkommens führt und nicht durch Gründe der persönlichen Lebensführung gerechtfertigt ist.

Zudem ergibt sich aus § 1577 Abs. 1 BGB für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten die Obliegenheit, vorhandenes Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen. Vermögenserträge, die er in zumutbarer Weise erzielen könnte, tatsächlich aber nicht erzielt, mindern als fiktives Einkommen seine Bedürftigkeit (OLG Hamm FamRZ 1999, 233; BGH FamRZ 1988, 87). Deshalb darf der geschiedene Ehegatte beispielsweise den Erlös aus dem Verkauf eines bisher bewohnten Familienheims nicht ohne weiteres zum Erwerb eines Eigenheims verwenden, wenn durch eine verzinsliche Anlage des Kapitals höhere Erträge zu erwirtschaften wären. Er kann gehalten sein, sein Vermögen umzuschichten (BGH FamRZ 1988, 87; NJW 1992, 1044 – dort bejaht bei Rendite von 2.100 DM im Vergleich zu 350 DM). Dabei muss dem Vermögensinhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächliche Anlage des Vermögens muss sich als eindeutig unwirtschaftlich darstellen, ehe der Unterhaltsberechtigte auf eine andere Anlageform und daraus erzielbare Beträge verwiesen werden kann (BGH NJW 2001, 2259). Diese Obliegenheit trifft spiegelbildlich auch den Unterhaltspflichtigen.