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Da sich der Bedarf des bedürftigen Ehegatten aus der Summe des unterhaltsrechtlich relevanten Gesamteinkommens der Ehegatten ableitet ergibt sich aus der Hälfte des Gesamtbedarfs der jeweilige Bedarf des einzelnen Ehegatten. Hieraus folgt, dass jeder Ehegatte Anspruch auf die Hälfte des festgestellten Gesamteinkommens hat. Der „Halbteilungsgrundsatz“ begrenzt den Unterhalt bereits auf der Bedarfsebene und führt gleichzeitig zur Beschränkung der Leistungsfähigkeit.

Umstritten ist, ob diese Grundsätze auch für den Unterhaltsanspruch der Mutter oder des Vaters aus Anlass der Geburt gelten.

Das Maß des einem nicht verheirateten betreuenden Elternteil nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach seiner Lebensstellung (§§ 1615 l  Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB). Diese richtet sich nach der Rechtsprechung grundsätzlich nach dem Einkommen, das die Mutter bzw. der Vater ohne die Geburt ihres bzw. seines Kindes zur Verfügung hätte. Dabei wird jedoch die Lebensstellung der Mutter bzw. des Vaters und damit der Unterhaltsbedarf durch den Halbteilungsgrundsatz nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begrenzt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2004 – XII ZR 121/03 –, juris).

Für die Begrenzung des Unterhaltsbedarfs im Wege der Halbteilung spricht aus Sicht des BGH insbesondere eine – mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG gebotene – vergleichende Betrachtung des Unterhaltsanspruchs aus § 1615 l Abs. 2 BGB  mit dem Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt aus § 1570 BGB. Während der nacheheliche Betreuungsunterhalt mit seinem zusätzlichen, auf der fortwirkenden ehelichen Solidarität beruhenden Zweck Unterhaltsleistungen auf der Grundlage der ehelichen Lebensverhältnisse erfasst und damit zugleich die Halbteilung des verfügbaren Einkommens sicherstellt, bezweckt der Unterhaltsanspruch des nicht verheirateten Elternteils zunächst eine Sicherung der erreichten Lebensstellung. Dieser grundsätzliche Unterschied entfällt aber, wenn das verfügbare Einkommen des nach § 1615 l Abs. 2 BGB unterhaltspflichtigen Elternteils so weit reduziert ist, dass ihm nur so viel verbleibt, wie der unterhaltsberechtigte Elternteil selbst zu Verfügung hat. Dann ist der Anspruch auch der Höhe nach mit dem Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB vergleichbar. Weil auch letzterer die Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes sicherstellen soll und nur zusätzlich auf einer nachehelichen Solidarität beruht, wäre es nicht nachvollziehbar, etwa der nicht verheirateten Mutter  einen höheren Anspruch zuzusprechen, als der geschiedenen Mutter auf der Grundlage des Halbteilungsgrundsatzes zusteht. Wenn also selbst der stärker ausgestaltete nacheheliche Betreuungsunterhalt stets durch den Halbteilungsgrundsatz begrenzt ist, muss dieses erst recht für den Unterhaltsanspruch des nicht verheirateten Elternteils gelten. Denn die bloße Wahrung des dem anderen stets zu belassenden Selbstbehalts, der regelmäßig etwa hälftig zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt liegt, kann die Lebensstellung des Unterhaltsschuldners nicht in gleichem Maße sichern, wie es ein durch Halbteilung begrenzter Unterhaltsbedarf vermag.

Wie beim nachehelichen Ehegattenunterhalt muss deswegen nach der Rechtsprechung des BGH auch dem nach § 1615 l Abs. 2 BGB unterhaltspflichtigen Elternteil die Hälfte des zuvor nach den üblichen unterhaltsrechtlichen Maßstäben bereinigten Einkommens verbleiben (so auch BGH FamRZ 2008, 1739; FamRZ 2019, 1234).

Die Gegenmeinung (z. B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. April 2007 – II-7 UF 317/06 –, juris) führt an, dass der betreuende Elternteil dann zwar oft weniger als der Unterhaltsschuldner zur Verfügung haben wird, aber niemals mehr. Das überzeugt als Argument gegen die Geltung des Halbteilungsgrundsatzes aber nicht. Denn nach dem Zweck beschränkt sich der Unterhaltsanspruch aus § 1615 l Abs. 2 BGB darauf, dem betreuenden Elternteil die Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes jedenfalls in den ersten drei Lebensjahren zu ermöglichen. Das ist aber schon dann gewährleistet, wenn die frühere Lebensstellung gesichert ist. Einen Anspruch auf Teilhabe an einer höheren Lebensstellung des Unterhaltsschuldners, wie dies beim nachehelichen Betreuungsunterhalt wegen der nachehelichen Solidarität der Fall ist, räumt § 1615 l Abs. 2 BGB hingegen nicht ein. Das schließt es aber andererseits nicht aus, den Unterhaltsbetrag wie bei dem stärker ausgestalteten Anspruch nach § 1570 BGB zu begrenzen, wenn dem Unterhaltspflichtigen sonst von seinem Einkommen weniger verbliebe, als dem betreuenden Elternteil zur Verfügung stünde.