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Zu unterscheiden ist zwischen Sonderbedarf und Mehrbedarf (§ 1610 BGB). Es handelt sich beim Mehrbedarf um einen regelmäßig, über einen längeren Zeitraum anfallenden Bedarf, der einerseits notwendig ist, andererseits aber aus dem Tabellenunterhalt nicht gedeckt werden kann. Vereinzelt wird die kieferorthopädische Behandlung als Mehrbedarf behandelt (vgl. AG Detmold, Beschluss vom 19. Februar 2015 – 32 F 132/13 –, juris).

Demgegenüber prüft der überwiegende Teil der Rechtsprechung, ob es sich bei einer kieferorthopädischen Behandlung um Sonderbedarf handelt, d.h. um einen unregelmäßigen, außerordentlich hohen Bedarf, der überraschend und der Höhe nach nicht einschätzbar war.

Bei dem aus einer kiefernorthopädischen Behandlung resultierenden Zusatzbedarf handelt es sich danach um Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB  also um einen unregelmäßigen, vorher nicht abschätzbaren außerordentlich hohen Bedarf, der nicht auf Dauer besteht und daher zu einem einmaligen, jedenfalls aber zeitlich begrenzten Ausgleich neben dem regelmäßig geschuldeten Barunterhalt führt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. Juni 2020 – 4 UF 176/19 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 31. Januar 2017 – 13 UF 125/16 –, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 4 UF 55/10 –, juris; OLG Düsseldorf, FamRZ 1981, 76; OLG Karlsruhe, FamRZ 1992, 1317; OLG Celle, FamRZ 2008, 1884; OLG Köln JAmt 2010, 576). Soweit der geltend gemachte Sonderbedarf angemessen ist und dem unterhaltsberechtigten Kind eine Finanzierung des Sonderbedarfs aus dem laufenden Unterhalt nicht zumutbar ist, haften beide Eltern für den Sonderbedarf ebenso wie für regelmäßigen Mehrbedarf anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen (vgl. OLG Celle, FamRZ 2008, 1884; OLG Köln, JAmt 2010, 576).

Als unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf können die Kosten der kiefernorthopädischen Behandlung vom Berechtigten allerdings nur dann geltend gemacht werden, wenn sie zwischen den Eltern abgesprochen waren oder aber medizinisch notwendig waren (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 4 UF 55/10 –, juris; OLG Braunschweig FamRZ 1996, 288; Eschenbruch/Klinkhammer-Schürmann, Der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., 2009, S. 298). Der Unterhaltsberechtigte trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast.