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Durch das Bundesverfassungsgericht wurde klargestellt, dass die in § 1684 Abs. 1 BGB vorgesehene Umgangspflicht ggf. auch durchgesetzt werden kann (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Februar 2022 – 1 BvR 743/21 –, juris).

Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit (Art. 2 Abs 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) schützt den engeren persönlichen Lebensbereich und damit auch den familiären Bereich sowie die persönlichen Beziehungen zu den anderen Familienmitgliedern. Eine Verpflichtung zum Umgang mit dem Kind, den der Elternteil gar nicht oder nicht in der gerichtlich geregelten Weise will, greift in das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Elternteils ein.

Demgegenüber sichert Art. 6 Abs. 1 GG vor allem die zwischen den Familienmitgliedern konsensuale freie Entscheidung über die Art und Weise der Gestaltung des familiären Zusammenlebens.

Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Elternteils im Hinblick auf die den Eltern obliegende Verantwortung für ihre Kinder ist grds. gerechtfertigt. Dieser Elternverantwortung trägt § 1694 Abs. 1 BGB Rechnung, indem er den Umgang mit dem Kind zur elterlichen Pflicht erhebt. Es ist einem Elternteil grds. zumutbar, auch unter Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitssphäre zum Umgang  mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient.

Die Androhung der zwangsweisen Durchsetzung der Umgangspflicht war nach der früheren Rechtslage (§ 33 Abs. 1, Abs. 3 FGG) regelmäßig nicht geeignet, den mit ihr verfolgten legitimen Zweck zu erreichen und daher verfassungsrechtlich regelmäßig nicht gerechtfertigt.

Mit Blick auf die Maßgeblichkeit des Kindeswohls konnte sich im Einzelfall jedoch auch nach der früheren Rechtslage ein solcher erzwungener Umgang als kindeswohldienlich erweisen. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung einer durch Zwangsmittel durchzusetzenden Umgangsverpflichtung erforderte daher, dass im konkreten Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte vorlagen, die darauf schließen ließen, dass ein erzwungener Umgang dem Kindeswohl dennoch dienlich sein werde

Das zum früheren Recht ergangene Urteil des BVerfG vom 01.04.2008 zum erzwungenen Umgang ist nicht ohne weiteres auf die aktuelle Rechtslage übertragbar. Nach § 89 Abs. 1 Satz 1,2 FamFG, der am 01.01.2013 in Kraft getreten ist, kann bei Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Der Beschluss, der die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen (§ 89 Abs. 2 FamFG).

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts liegt nicht auf der Hand, dass ein Hinweis nach § 89 FamFG auf den betroffenen Elternteil dieselbe Zwangswirkung hat wie eine Androhung eines Zwangsmittels nach früherem Recht. Mit der Erteilung des Hinweises nach § 89 Abs. 2 FamFG wird nach der aktuellen gesetzlichen Konzeption noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob die Zwangsvollstreckung auch erfolgt. Das Anordnungsermessen, im Rahmen dessen auch die Kindeswohldienlichkeit zu prüfen ist, kann das Gericht erst bei der Entscheidung über die Reaktion auf einen Verstoß gegen die Umgangsregelung  ausüben (§ 89 Abs. 1 FamFG).. 

Danach kann die Pflicht zum Umgang mit dem Kind mit Zwangsmitteln, nämlich Ordnungshaft oder Ordnungsgeld, durchgesetzt werden.