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Die Verletzung der Unterhaltspflicht ist strafbar. Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so dass der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 170 Abs. 1 StGB). Wer einer Schwangeren zum Unterhalt verpflichtet ist und ihr diesen Unterhalt in verwerflicher Weise vorenthält und dadurch den Schwangerschaftsabbruch bewirkt, wird sogar mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 170 Abs. 2 StGB). Aus diesem Grunde kann u.U. bei säumigen Unterhaltsschuldnern die Erstattung einer Strafanzeige in Betracht kommen.

Wird diese allerdings durch einen Anwalt erstattet, kann sich dieser u.U. wegen (ggf. versuchter) Nötigung strafbar machen.

Eine Nötigung setzt voraus, dass mit einem Übel gedroht wird, wobei das Übel empfindlich sein muss. Außerdem muss die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck gemäß § 249 Abs. 2 StGB als verwerflich anzusehen sein.

Bei einem Übel handelt es sich um eine künftige nachteilige Veränderung der Außenwelt. Dies trifft für eine Strafanzeige zu, weil daraus zumindest ein Ermittlungsverfahren mit seinen vielfältigen nachteiligen Folgen erwachsen kann.

Der Täter droht mit einem Übel, wenn er (sei es zutreffend oder nicht) behauptet, er habe auf dessen Eintritt Einfluss. Soll das Übel von einem Dritten verwirklicht werden, muss er also die Vorstellung erwecken wollen, er könne den Dritten in der angekündigten Richtung beeinflussen und wolle dies für den Fall der Verweigerung des verlangten Verhaltens auch tun.

Allerdings kann eine scheinbare Warnung eine Drohung enthalten. Die Abgrenzung von Warnung und Drohung ist ebenso aus der Sicht des Empfängers zu bestimmen wie die Frage, ob das, was angekündigt ist, ein empfindliches Übel ist.

Soweit ein Anwalt mitteilt, dass er eine Strafanzeige erstatten werde oder auch nur signalisiert, dass er auf deren Erstattung maßgeblichen Einfluss habe, liegt eine Drohung vor.

Empfindlich im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB ist ein angedrohtes Übel, wenn der in Aussicht gestellte Nachteil so erheblich ist, dass seine Ankündigung den Bedrohten im Sinne des Täterverlangens motivieren kann. Die Androhung einer Strafanzeige ist im Grundsatz geeignet, den Bedrohten zur Begleichung geltend gemachter Geldforderungen zu motivieren.

Rechtswidrig im Sinne von § 240 Abs. 2 StGB ist die Androhung eines Übels, wenn sie im Verhältnis zum jeweilig angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Verquickung von Mittel und Zweck mit den Grundsätzen eines geordneten Zusammenlebens unvereinbar ist, sie also »sozial unerträglich« ist.

Problematisch kann insbesondere der Fall sein, dass die objektive Lage (z.B. der Unterhaltsschuldner ist nicht leistungsfähig) und die Kenntnis des Anwalts auseinanderfallen und der Anwalt etwa von einem bestehenden Unterhaltsanspruch ausgeht.

Droht ein Anwalt ohne irgendeine Überprüfung mit einer Anzeige und ist es ihm gleichgültig, ob die Voraussetzungen für eine etwaige Strafbarkeit überhaupt vorliegen, dann ist das Verhalten des Anwalts verwerflich und damit rechtswidrig (vgl. BGH, Beschluss vom 05.09.2013 – 1 StR 162/13).

Festzuhalten ist daher, dass insbesondere bei der Drohung mit etwaigen Strafanzeigen besondere Sorgfalt geboten ist, wobei dies in gesteigertem Maße für Rechtsanwälte gilt. Sofern deshalb mit einer Strafanzeige wegen der Verletzung der Unterhaltspflicht gedroht wird sollten zunächst sorgfältig deren Voraussetzungen überprüft werden.