02224-9474-0 [email protected]

 

Die hoheitliche Anordnung der Betreuung eines Kindes getrennt lebender Eltern nach dem „paritätischen Wechselmodell“ ist als Gegenstand einer Umgangsregelung auch dann zulässig, wenn nur ein Elternteil dieses Betreuungsmodell wünscht, der andere es aber ablehnt; denn dem Gesetz ist ein entgegenstehendes Verbot nicht zu entnehmen. Die Anordnung ist aber an mehrere Anforderungen zu knüpfen, die von den Eltern und den betroffenen Kindern und deren Beziehung zueinander zu erfüllen sind (OLG Brandenburg, Beschluss vom 06. Juli 2020, 13 UF 26/20; Anschluss BGH, NZFam 2020, 116; NJW 2017, 1815; OLG Brandenburg, FamRZ 2020, 345).

  1. Die an die hoheitliche Anordnung des Wechselmodells gestellten Bedingungen sind:

(1) hinreichende, ungefähr gleiche Erziehungskompetenzen beider Eltern,

(2) sichere Bindungen des Kindes zu beiden Eltern,

(3) gleiche Beiträge beider Eltern zur Entwicklungsförderung und Kontinuitätssicherung,

(4) autonom gebildeter, stetiger Kindeswille,

(5) Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit beider Eltern zur Bewältigung des erhöhten Abstimmungs- und Kooperationsbedarfs,

(6) keine Erwartung oder Verschärfung eines Loyalitätskonflikts des Kindes durch die Konfliktbelastung der Eltern.

Ob die Betreuung eines Kindes getrennt lebender Eltern nach dem paritätischen Wechselmodell hoheitlich angeordnet werden darf, wenn nur ein Elternteil dieses Betreuungsmodell wünscht, der andere es aber ablehnt, ist umstritten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hält eine solche Anordnung als Gegenstand einer Umgangsregelung inzwischen für zulässig, weil dem Gesetz ein entgegenstehendes Verbot nicht zu entnehmen ist, knüpft aber die Anordnung an mehrere Anforderungen, die von den Eltern und den betroffenen Kindern und deren Beziehung zueinander zu erfüllen sind (BGH, NZFam 2020, 116; NJW 2017, 1815; OLG Brandenburg, FamRZ 2020, 345) Entscheidender Maßstab der Regelung ist das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl.

Die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung setzt insbesondere eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus. Dem Kindeswohl entspricht es daher nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen. Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes (BGH, NJW 2017, 1815).

Das Familiengericht ist zu einer umfassenden Aufklärung verpflichtet, welche Form des Umgangs dem Kindeswohl am besten entspricht. Dies erfordert grundsätzlich auch die persönliche Anhörung des Kindes (BGH, FamRZ 2016, 1439).