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Die Versäumung der sechswöchigen Erbausschlagungsfrist des § 1944 BGB kann wirksam angefochten werden wegen eines Inhaltsirrtums, der auch darin liegen kann, dass der Erklärende über Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten, sondern wesentlich andere als die beabsichtigten Rechtswirkungen erzeugt.

Insoweit ist allgemein anerkannt dass die Überschuldung der Erbschaft eine verkehrswesentliche Eigenschaft gemäß § 119 Abs. 2 BGB darstellt, die zur Anfechtung der Annahme der Erbschaft berechtigen kann (BGH NJW 1989, 2885; BayObLG NJW 2003, 216, 221 m.w.N.).

Ein Anfechtungsgrund ist aber nur dann gegeben, wenn der Irrtum bezüglich der Überschuldung des Nachlasses auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, hinsichtlich des Bestands an Aktiva oder Passiva beruht (vgl. BayObLG NJW 2003, 216, 221 m.w.N.); dagegen können eventuelle Fehlvorstellungen über den Wert der zum Nachlass gehörenden Gegenstände die Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung nicht begründen, weil der Wert der Nachlassgegenstände oder des Nachlasses als solcher keine verkehrswesentliche Eigenschaft im Sinne des von § 119 Abs. 2 BGB darstellt (BayObLG NJW 2003, 216, 221 m.w.N.). Eine Überschuldung des Nachlasses kann aber auch dann anzunehmen sein, wenn es um die Belastung des Nachlasses mit wesentlichen Verbindlichkeiten geht, deren rechtlicher Bestand ungeklärt ist (BGH NJW 1989, 2885; betreffend Wirksamkeit eines Vermächtnisses; Najdecki in: Burandt/Rojahn Erbrecht 2. Auflage <2014> § 1954 Rn. 11). Zu den wertbildenden Faktoren der Erbschaft gehört auch, mit welchen Nachlassverbindlichkeiten diese belastet ist (MüKoBGB/Leipold 6. Auflage <2013> § 1954 Rn. 14).

Bei der Ausschlagung sind im Übrigen die Regelungen über die Form und Frist zu beachten (vgl. §§ 1954, 1955, 1945 BGB). Die Anfechtungsfrist beträgt 6 Wochen ab Kenntnis von dem Anfechtungsgrund.

Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht. Für die Erklärung gilt die Vorschrift des § 1945 BGB. Die Erklärung ist deshalb zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.