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Die irrige Vorstellung des unter Beschwerungen als Alleinerbe eingesetzten Pflichtteilsberechtigten, er dürfe die Erbschaft nicht ausschlagen, um seinen Anspruch auf den Pflichtteil nicht zu verlieren, rechtfertigt die Anfechtung einer auf dieser Vorstellung beruhenden Annahme der Erbschaft (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2006 – IV ZB 39/05 –, BGHZ 168, 210-220).

Worauf die Anfechtung gestützt werden kann, richtet sich allein nach § 119 BGB ; die Sonderregeln der §§ 1954, 1955, 1957 BGB für Frist, Form und Wirkung der Anfechtung ändern oder erweitern die Anfechtungsgründe nicht (BayObLG ZEV 1998, 431, 432). Mithin kommt (abgesehen von einem Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften) insbesondere ein Irrtum über den Inhalt der Erklärung in Betracht. Ein solcher Inhaltsirrtum kann auch darin gesehen werden, dass der Erklärende über Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeugt, sondern solche, die sich davon unterscheiden. Ein derartiger Rechtsirrtum berechtigt aber nach ständiger Rechtsprechung nur dann zur Anfechtung, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt. Dagegen ist der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher oder mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung mehr, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum (vgl. BGHZ 134, 152, 156 m.w.N.).

Im Sinne dieser Unterscheidung geht das Bayerische Oberste Landesgericht bei der Anfechtung einer ausdrücklich erklärten Erbschaftsannahme davon aus, dass die unmittelbar angestrebte Rechtsfolge einer solchen Erklärung allein das Ziel sei, die Stellung als Erbe einzunehmen; der infolgedessen eintretende Verlust des Wahlrechts nach § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB sei dagegen nur eine mittelbare Rechtsfolge, deren Unkenntnis die Anfechtung nicht rechtfertige (vgl. BayObLG NJW-RR 1995, 904, 906; ZEV 1998, 431, 432). Dem ist die Literatur weithin gefolgt (so MünchKomm-BGB/Leipold, aaO § 1954 Rdn. 9; Soergel/Stein, BGB 13. Aufl. § 1954 Rdn. 2; Lange/Kuchinke, Erbrecht 5. Aufl. § 8 VII 2 d). Wird die Erbschaft dagegen nicht durch ausdrückliche Erklärung, sondern etwa durch schlüssiges Verhalten des Erben angenommen, lässt das Bayerische Oberste Landesgericht eine Anfechtung zu, wenn der Erbe weder weiß noch will, dass er durch sein Verhalten das Recht verliert, die Erbschaft auszuschlagen (zustimmend Kipp/Coing, Erbrecht 14. Aufl. § 89 I 2) .

Dagegen hat das Oberlandesgericht Hamm bei einer Ausschlagungserklärung, die in der Vorstellung erfolgt war, dadurch werde die (unter Beschränkungen und Beschwerungen angeordnete, den Pflichtteil nicht übersteigende) Erbschaft in Pflichtteilsansprüche umgewandelt, diese Umwandlung als die primär erstrebte Rechtsfolge und nicht etwa nur als Nebenfolge der Ausschlagung angesehen (OLGZ 1982, 41, 49 f.). Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte die im Antrag auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbe liegende schlüssige Annahme der (beschwerten) Erbschaft für anfechtbar gehalten, weil der seinen Pflichtteil begehrende Erbe geglaubt habe, nur so seinen Pflichtteilsanspruch sichern zu können, und nicht gewusst habe, dass er die Erbschaft gemäß § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschlagen müsse, um den Pflichtteil zu erlangen; es hat die Ansicht gebilligt, der Wegfall des Pflichtteilsanspruchs sei als ungewollte Hauptfolge der Annahme anzusehen (Muscheler in: Groll (Hrsg.), Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung 2. Aufl. unter C II Rdn. 101). Im Schrifttum hat vor allem Keim die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts angegriffen und geltend gemacht, im Fall einer den Pflichtteil zwar übersteigenden, aber beschränkten oder beschwerten Erbschaft sei der Verlust des Pflichtteilsrechts infolge Annahme der Erbschaft deren wichtigste Rechtswirkung. „Mit der ausdrücklichen Annahme einer Erbschaft glaubt der Rechtsunkundige niemals, dass er gerade damit eine maßgebliche Beteiligung am Nachlass verlieren könnte, oder umgekehrt, dass er ausgerechnet durch die Ausschlagung eine wertmäßig größere Beteiligung am Erbe erhalten hätte“. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegen, sieht das Oberlandesgericht in den rechtlichen Auswirkungen einer Erbschaftsannahme auf das Pflichtteilsrecht eine der Hauptwirkungen des Rechtsgeschäfts, weil das Gesetz in§ 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB die Möglichkeit der Ausschlagung gerade zu dem Zweck eröffne, unbelastet von Beschränkungen und Beschwerungen den Pflichtteil geltend machen zu können. Dem hat Haas in einer Anmerkung zugestimmt und seine bisher abweichende Ansicht aufgegeben (Haas/Jeske, ZEV 2006, 172).

Auch der BGH schließt sich der Ansicht des Oberlandesgerichts an. Man kann die unmittelbaren und wesentlichen Rechtsfolgen schon einer ausdrücklich erklärten Annahme der Erbschaft nicht generell darauf beschränken, dass der Erklärende die sich aus der letztwilligen Verfügung ergebende Rechtsstellung des Erben einnehmen will. Wenn der zugedachte Erbteil zwar größer als der Pflichtteil ist, dem Erben aber Beschränkungen oder Beschwerungen auferlegt sind, gehört zu den unmittelbaren und wesentlichen Wirkungen der Erklärung einer Annahme der Erbschaft keineswegs nur, dass der Erbe die ihm zugedachte Rechtsstellung einnimmt, sondern ebenso, dass er das von § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB  eröffnete Wahlrecht verliert, sich für den möglicherweise dem Werte nach günstigeren Pflichtteilsanspruch zu entscheiden. Für die hier vorliegende Annahme durch Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist kann nichts anderes gelten, gleich ob die Ausschlagungsfrist bewusst oder unbewusst nicht genutzt worden ist. Der Verlust des Pflichtteilsrechts als Rechtsfolge solchen Verhaltens prägt dessen Charakter nicht weniger als das Einrücken in die Rechtsstellung des Erben; beide Folgen sind zwei Seiten derselben Medaille.