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Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft in Form eines Verzeichnisses zu erteilen. Er kann auch verlangen, dass das Nachlassverzeichnis durch einen Notar aufgenommen wird. (§ 2314 Abs. 1 BGB). § 2314 BGB geht von der Lage aus, in der sich ein Pflichtteilsberechtigter befindet, der nicht Erbe ist. Weil dieser weder Zugang zum Nachlass hat noch an ihm beteiligt ist, gewährt ihm die Bestimmung Auskunftsrechte, die so umfassend ausgestaltet sind, dass er sein Pflichtteilsrecht gleichwohl durchzusetzen vermag. Gesetzgeberischer Zweck des § 2314 BGB ist es damit, dem Pflichtteilsberechtigten die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung des Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen. Ein notarielles Nachlassverzeichnis soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das Privatverzeichnis des Pflichtteilsbelasteten bieten. Dementsprechend muss der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet (BGH, NJW 2019, 231). Der Notar ist in der Ausgestaltung des Verfahrens weitgehend frei. Er muss zunächst von den Angaben des Auskunftspflichtigen ausgehen. Allerdings darf er sich hierauf nicht beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Dabei hat er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (vgl. BGH NJW 2019, 231; NJW 2020, 2187). Die Verpflichtung des Erben zur Mitwirkung an der Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses richtet sich danach, in welchem Umfang diese Mitwirkung für die ordnungsgemäße Aufnahme des Verzeichnisses erforderlich ist. Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls. Hierbei darf und muss der Notar das Wissen des Erben sowie das in seiner Person vorhandene Aufklärungspotential gegebenenfalls in der Weise nutzen, dass er den Erben auffordert, eigene Auskunftsansprüche gegenüber Geldinstituten beziehungsweise sonstigen Dritten durchzusetzen. Die vom Erben geschuldete Kooperation kann insoweit auch in der Anweisung an Dritte bestehen, die benötigten Auskünfte unmittelbar gegenüber dem Notar zu erteilen (BGH, NJW 2020, 2187). Liegt ein notarielles Nachlassverzeichnis vor, so ist die Pflicht zur Auskunftserteilung gemäß § 2314 Abs. 1 BGB erfüllt und der Pflichtteilsberechtigte kann grundsätzlich nicht dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Vielmehr ist er in diesem Fall, soweit die Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB vorliegen, auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung verwiesen. Von diesem Grundsatz sind jedoch verschiedene Ausnahmen anerkannt (BGH, NJW 2020, 2187): So kann ein Anspruch auf Ergänzung beziehungsweise Berichtigung eines notariellen Nachlassverzeichnisses bestehen, wenn sich der Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt, wenn die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat, oder wenn in dem Verzeichnis eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen – etwa aufgrund eines Rechtsirrtums des Pflichtigen – nicht aufgeführt ist und beispielsweise Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen.. Der Notar entscheidet nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen, welche Ermittlungen er vornimmt (OLG Koblenz, NJW 2014, 1972) und welcher Erkenntnisquellen er sich bedient. Die Anforderungen an den Umfang der Ermittlungen richten sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls (OLG Saarbrücken, FamRZ 2011, 1258) und orientieren sich daran, welche Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde. Anhaltspunkte für solche Nachforschungen können sich beispielsweise aus Angaben des Erben oder anderer befragter Personen und aus im Nachlass befindlichen Unterlagen – beispielsweise Überweisungen von bekannten Konten des Erblassers auf bislang unbekannte Konten sowie aus ausländischen Nachlassverfahren ergeben. Der Notar ist dagegen nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle denkbaren Richtungen zu ermitteln, um weiteres Nachlassvermögen aufzuspüren (OLG Bamberg, ZEV 2016, 581; OLG Dresden, FamRZ 2018, 69; OLG Hamm, ErbR 2020, 511; OLG Frankfurt 2022, 392): Der Notar, der vom Erben mit der Aufstellung eines Nachlassverzeichnisses beauftragt worden ist, entscheidet mithin nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen, welche Ermittlungen er vornimmt und welcher Erkenntnisquellen er sich bedient. Die Anforderungen an den Umfang der Ermittlungen richten sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls und orientieren sich daran, welche Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde. Der Notar ist dagegen nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle denkbaren Richtungen zu ermitteln, um weiteres Nachlassvermögen aufzuspüren (BGH, Beschluss vom 7. März 2024 – I ZB 40/23 –, juris).