02224-9474-0 [email protected]

 

 

 

Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so kann er von dem Erben Auskunft über den Bestand des Nachlasses Auskunft verlangen. Darüber hinaus kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird (§ 2314 Abs. 1 BGB).

2314 BGB sieht mithin die Ermittlung des Wertes der Nachlassgegenstände vor. Der Anspruch ist darauf gerichtet, dass der Verpflichtete dem Berechtigten diejenigen Informationen zukommen lassen muss, die diesen in die Lage versetzen, ggf. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen, seinen Pflichtteilsanspruch berechnen zu können (MüKoBGB/Lange, 8. Aufl. 2020, BGB § 2314 Rn. 19). Der Erbe muss seiner Auskunft über den Bestand des Nachlasses also keine Wertangaben beifügen. Der Pflichtteilsberechtigte hat aber einen Anspruch gegenüber dem Erben auf Wertermittlung. Dieser Wertermittlungsanspruch ist vom Auskunftsanspruch strikt zu trennen. Er ist vom Wissen und den Vorstellungen der Verpflichteten unabhängig (Dauner-Lieb/ Grziwotz, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2016, BGB § 2314 Rn. 27, 28, beck-online).

Die praktische Bedeutung von Wertermittlungsgutachten in den Fällen des § 2314 BGB wird nicht selten überschätzt. Gutachten dieser Art können Meinungsverschiedenheiten über den Wert von Gegenständen des – realen oder fiktiven – Nachlasses nicht entscheiden und allenfalls unter günstigen Umständen beenden helfen. Kommt es zu einem Rechtsstreit über den Pflichtteil, dann sind erfahrungsgemäß weitere Gutachten im Allgemeinen nicht zu vermeiden (BGH BGHZ 197, 200 – 204, Rn. 14).

Wertgutachten gemäß § 2314 BGB kommt daher nicht selten lediglich die Funktion zu, das Prozessrisiko eines Rechtsstreits über den Pflichtteil besser abschätzen zu können.

Grundsätzlich kann der Erbe nach Auffassung des OLG Frankfurt schon durch die Vorlage der Schätzung des Ortsgerichts seiner gesetzlichen Verpflichtung im Sinne von § 2314 BGB nachkommen (OLG Frankfurt, Urteil vom 8. Dezember 2021 – 12 U 110/21 –, juris; so auch LG Limburg, Urteil vom 11.7.1990 – 2 O 59/90; Müller-Engels, in: BeckOK-BGB, 58. Edition, Stand 1.8.2021, § 2314 Rn. 41). Da § 2314 BGB zudem nicht zwingend die Einholung eines Sachverständigengutachtens vorschreibt, ist dieser Bestimmung Genüge getan, wenn eine ortsgerichtliche Schätzung eingeholt wird (Müller-Engels, in: BeckOK-BGB, 58. Edition, Stand 1.8.2021, § 2314 Rn. 419.

Der Sachverständige muss persönlich unabhängig sein. Für die Frage, ob der Sachverständige unabhängig ist oder nicht, sind die Grundsätze heranzuziehen, die zur Befangenheit eines Sachverständigen entwickelt worden sind. Der nach § 2314 BGB bestehende Anspruch des Pflichtteilsberechtigten umfasst daher keinen Anspruch auf Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Die Qualifikation des Sachverständigen ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Das OLG Frankfurt schließt sich der obergerichtlichen Rechtsprechung an (OLG Köln, Urteil vom 26.10.2011 – 2 U 53/11 – -, juris mit Verweis auf OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 454), dass der Pflichtteilsberechtigte keinen Anspruch auf Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen hat, denn eine Allgemeinvereidigung des Sachverständigen ist ohne Einfluss auf Qualifikation und Unabhängigkeit des Sachverständigen.