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Wann ist ein Werkvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig?

Ein Werkvertrag ist wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung. Unerheblich ist, ob sich die Größenordnung des groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung in absoluten Zahlen nur im niedrigen vierstelligen Eurobereich bewegt (LG Gießen, Urteil vom 23. Juli 2014 – 1 S 56/14 –, juris).

Ein Rechtsgeschäft, also auch ein Werkvertrag, ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn er nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Auf das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit oder der Schädigungsabsicht seitens des durch den Vertrag Begünstigten kommt es nicht an. Es reicht, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen die Sittenwidrigkeit folgt. Dem steht es gleich, wenn sich jemand bewusst oder grob fahrlässig der Kenntnis erheblicher Tatsachen verschließt (BGH WM 1998, 513 f.). Danach unterfallen auch gegenseitige Verträge selbst dann, wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnliche Rechtsgeschäfte nach § 138 Abs. 1 BGB  mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit der Bewertung als sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und ferner mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. In den Fällen, in denen das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob erscheint, kann hieraus der Schluss auf die bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung eines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstandes gezogen werden.

Von einem derart groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung zulässt, ist auch bei Werkverträgen bereits dann auszugehen, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (vgl.  KG NJW-RR 1995, 1422 ff., 1423 unter b).