Wenn ein Gebäude durch die von Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück ausgelösten Bodenerschütterungen beschädigt worden ist, kommt ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB auch dann in Betracht, wenn ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten mangels Verschuldens ausscheidet.
Wenn die nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB hinzunehmende Beeinträchtigung durch Bauarbeiten zu einer Substanzschädigung, wie einer Rissbildung an Gebäuden führt, kann der Anspruch auf vollen Schadensersatz gehen und den Ausgleich der Folgen umfassen, die sich aus der Beeinträchtigung der Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickeln. Werden Bauarbeiten durchgeführt, die generell geeignet sind, Bodenerschütterungen auszulösen und treten in engem zeitlichen Zusammenhang Risse an einem Gebäude auf einem Nachbargrundstück auf, die ihrer Art nach auf Setzungsbewegungen des Gebäudes beruhen können, so spricht ein Anscheinsbeweis für eine Schadensverursachung durch die Bauarbeiten. Der Anscheinsbeweis kann nur durch konkreten Tatsachenvortrag widerlegt werden, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit einer anderweitigen Schadensverursachung ergibt. Das abstrakte Aufzeigen anderer, lediglich denkbarer Verursachungszusammenhänge genügt nicht. Unerheblich ist, ob das durch Rissbildung geschädigte Gebäude eine derartige Vordisposition aufwies. Für die zivilrechtliche Haftung kommt es auch hinsichtlich eines Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB nicht darauf an, ob ein Ereignis die ausschließliche oder alleinige Ursache einer Verschlechterung des Zustandes einer Sache ist. Auch die Mitursächlichkeit, sei sie auch nur der Auslöser neben anderen Umständen, steht einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleich (vgl. KG Berlin, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 22 U 226/09 –, juris).
Ein Generalunternehmervertrag über die Ausführung von Erdarbeiten kann Schutzwirkung zugunsten Dritter entfalten, so dass einem geschädigten Grundstücksnachbarn hieraus Schadensersatzansprüche gegen den ausführenden Generalunternehmer zustehen können (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 07.05.1999, Az. 8 U 10101/98; LG Halle (Saale), Urteil vom 10. Oktober 2008 – 5 O 497/03 –, juris).
Ein Verschulden der von ihm beauftragten Nachunternehmer muss sich der Generalunternehmer zurechnen lassen bzw. zu seiner Entlastung widerlegen (KG, a.a.O.). Darüber hinaus kann bei einer schuldhaften Schädigung des Nachbarn sich auch eine Haftung des Bauunternehmers aus unerlaubter Handlung ergeben (Grüneberg/ Sprau, BGB, 82. Aufl., § 823, Rdnr. 222; OLG Celle, Beschluss vom 16. Juni 1995 – 4 U 21/94 –, juris; OLG Saarbrücken, Urteil vom 12. März 1998 – 2 U 927/93 – 2 –, juris; vgl. auch OLG München, Urteil vom 13. August 2003 – 21 U 5348/02 –, juris zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 BGB).