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Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einer Frau ist unzulässig während ihrer Schwangerschaft, bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder die Entbindung bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird (§ 17 Abs. 1 MuSchG).

Wie mit Urteil vom 2. Februar 2023 durch das Arbeitsgericht Erfurt entschieden wurde, kann ein Arbeitgeber diesen Sonderkündigungsschutz auch nicht dadurch faktisch aushebeln, dass er etwa im Vorstellungsgespräch nach einer Schwangerschaft fragt und dann bei unzutreffenden Angaben der Arbeitnehmerin die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt (ArbG Erfurt, – 1 Ca 1025/22 –, juris).

Eine vor der Einstellung an die potenzielle Arbeitnehmerin gerichtete Frage nach der Schwangerschaft verstößt gegen § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Diese Vorschrift ist europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frage nach der Schwangerschaft regelmäßig auch dann unzulässig ist, wenn sich die Bewerberin auf eine Stelle bewirbt, die sie zunächst wegen des Eingreifens gesetzlicher Beschäftigungsverbote nicht antreten kann. Maßgeblich ist, dass die Bewerberin nach Ablauf des Mutterschutzes in der Lage ist, der vertraglich vorgesehenen Tätigkeit nachzugehen. Das in einem unbefristeten Arbeitsvertrag vorausgesetzte langfristige Gleichgewicht ist durch das jedenfalls befristete Beschäftigungsverbot nicht entscheidend gestört. Die erkennbare Zielrichtung der Frage nach der Schwangerschaft besteht dagegen darin, die Bewerberin bei einer Bejahung der Frage schon wegen der Schwangerschaft, folglich wegen des Geschlechts, nicht einzustellen. Eben dies will § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB verhindern (BAG 06.02.2003 – 2 AZR 621/01 – zitiert nach juris).

Auch Probearbeitsverhältnisse sind im Zweifel unbefristete Arbeitsverträge mit vorgeschalteter Probezeit. Lediglich im Falle einer ausdrücklich vereinbarten automatischen Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Ablauf der Probezeit sind stattdessen die Befristungsgrundsätze anwendbar (Erfurter Kommentar / Schlachter, 21. Auflage 2021, § 17 MuSchG Rn. 19 mit weiteren Nachweisen).

Zwar ist es möglich, dass eine einvernehmliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages erfolgt. Allerdings ist dabei eine besondere Umsicht angezeigt, da etwa durch das Arbeitsgericht Berlin entschieden wurde, dass die Klausel in einem Aufhebungsvertrag „Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass Urlaub in Natura gewährt und genommen worden ist.“ eine schwangere Arbeitnehmerin unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, benachteilige, weil sie mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der durch sie abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Klausel steht den §§ 17 MuSchG diametral entgegen (ArbG Berlin, Urteil vom 15. September 2016 – 4 Ca 4394/16 –, juris).