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Täuscht ein Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nur vor droht die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Legt der Arbeitnehmer allerdings eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitgeber vor, so muss der Arbeitgeber den Vorwurf, dass die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nur vorgetäuscht sei, im Einzelnen darlegen und beweisen. Hierzu muss der Arbeitgeber vortragen, dass der Arbeitnehmer ihn vorsätzlich über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit getäuscht habe und darüber hinaus ausreichende Tatsachen darlegen und beweisen, die zu ernsthaften Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit Anlass geben und den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit erschüttern.

So wurde durch das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden, dass die Tatsache, dass sich der Arbeitnehmer während des attestierten Arbeitsunfähigkeitszeitraums für etwa eine Woche auf Sylt aufgehalten und dies in einem Facebook-Eintrag als „Urlaub“ bezeichnet hatte, nicht geeignet ist, den hohen Beweiswert einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit wegen einer Reaktion auf eine schwere psychische Belastung und die damit einhergehende Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit zu erschüttern (LAG Hamm (Westfalen), Urteil vom 13. März 2015 – 1 Sa 1534/14 –, juris).

Wie das Gericht ausgeführt hatte, kann der Arbeitgeber nach § 626 Abs. 1 BGB das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund kündigen, ohne eine Kündigungsfrist einhalten zu müssen, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder dessen Beendigung nicht zugemutet werden kann.

Täuscht ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit vor, ist dies zur Prüfung der Rechtswirksamkeit einer darauf gestützten außerordentlichen Kündigung für sich gesehen geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Der täuschende Arbeitnehmer verwirklicht regelmäßig den Straftatbestand des Betrugs oder versucht dies zumindest, weil er den Arbeitgeber über das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit täuscht oder täuschen will, um diesen zu veranlassen, ihm Entgeltfortzahlung zu gewähren, auf die er keinen Anspruch hat (BAG 23.06.2009 – 2 AZR 532/08 – juris). Dabei obliegt es dem Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, den Beweis für den erhobenen Kündigungsvorwurf zu führen.

Erhebt der Arbeitgeber trotz vorgelegter ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Vorwurf, die Arbeitsunfähigkeit sei nur vorgetäuscht, muss er daher einerseits vortragen, dass der Arbeitnehmer ihn vorsätzlich über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit getäuscht hat und darüber hinaus ausreichende Tatsachen darlegen und beweisen, die zu ernsthaften Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit Anlass geben und den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit erschüttern (BAG 21.03.1993 – 2 AZR 543/95 – juris). Ist ihm dies gelungen, so ist es unter Berücksichtigung der im Kündigungsschutzprozess greifenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast Aufgabe des Arbeitnehmers darzulegen, welche Erkrankungen zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen diese mit sich gebracht haben und welche Verhaltensweisen ihm ärztlicherseits auferlegt worden sind. Bei ausreichender Substantiierung ist es sodann Sache des Arbeitgebers, den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers, dem es obliegt, die ihn behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, zu widerlegen.