Ein unbefristeter Mietvertrag kann von einem Vermieter nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses ordnungsgemäß gekündigt werden. Ein solches Interesse liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor, sofern der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Der Zweck einer Verwertungskündigung muss immer in einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks liegen, so dass ein Verkauf, eine Sanierung oder der Abriss einer Immobilie in Betracht kommt. Entscheidend ist, dass die wirtschaften Nachteile durch die Vermietung dem Vermieter nicht mehr zumutbar sind oder die Vermietung die wirtschaftliche Verwertung tatsächlich verhindert.
Die Voraussetzungen der Verwertungskündigung waren in einem durch das Landgericht Köln entschiedenen Fall erfüllt, da der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wurde und dadurch erhebliche Nachteile erlitten hätte (LG Köln, Urteil vom 21. März 2018, 9 S 18/18). Wie durch die Kölner Richter festgestellt wurde stellt der Abriss eines vorhandenen Gebäudes und seine Ersetzung durch einen Neubau grundsätzlich eine angemessene Verwertung des Grundstücks dar, wenn dies von vernünftigen nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird. Hiervon ist auszugehen, wenn der Erhalt des bestehenden Gebäudes unrentabel ist und einem Neubau keine Gründe des Denkmalschutzes oder bauordnungsrechtliche Hindernisse entgegenstehen. Es handelt sich auch nicht um ein rechtlich missbilligtes, sondern um ein förderungswürdiges Vorhaben, da die vorhandene Bausubstanz nicht lediglich ersetzt, sondern im Wesentlichen neue Wohnflächen geschaffen werden sollen.
Die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrages ein erheblicher Nachteil entsteht, ist allerdings vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und damit des grundsätzlichen Bestandsinteresses des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorzunehmen. Das LG Köln stellte dabei fest, dass auf Seiten des Vermieters dabei zu berücksichtigen war, dass eine Beibehaltung der derzeitigen Bewirtschaftungsform des Grundstücks im Vergleich zu der geplanten Bebauung und einer Erweiterung der Wohnfläche von 268 qm auf über 1.800 qm mit einem erheblichen wirtschaftlichen Nachteil einherging. In die Interessenabwägung war auch mit einzustellen, dass das Neubauvorhaben nicht nur zur Schaffung von Wohnraum führte, sondern dies auch der sozialen Wohnraumförderung zur Erfüllung der kommunalen Aufgabe der Flüchtlings- und Asylbewerberunterbringung diente. Auf Seiten des Mieters war die Mietdauer von 35 Jahren sowie das Alter des Mieters zu berücksichtigen, aber auch, dass der Vermieter dem Mieter zahlreichen Ersatzwohnraum ganz überwiegend verbindlich angeboten hatte. Insgesamt überwogen daher die erheblichen wirtschaftliche Nachteile des Vermieters die schutzwürdigen Belange des Mieters.
In einem anderen Fall wurde ebenfalls die Zulässigkeit der Verwertungskündigung im Ergebnis bejaht: Das Amtsgericht Dachau hatte dabei nunmehr entschieden, dass ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil des Vermieters anzunehmen ist, wenn der Kaufpreis eines unvermieteten Objekts 15 bis 20 % höher als im Vergleich zu einem vermieteten Objekt ist. (Urteil vom 10.5.2024 – 4 C 240/22)