Bei der gesetzlichen Erbfolge ist Kenntnis vom Berufungsgrund anzunehmen, wenn dem erben die Familienverhältnisse bekannt sind und er nach den Gesamtumständen und seiner subjektiven Sicht keine begründete Vermutung hat oder haben kann, dass eine ihn ausschließende letztwillige Verfügung vorhanden ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Februar 2022 – 6 W 188/21 –, juris).
Gemäß § 1944 Abs. 2 BGB beginnt die Ausschlagungsfrist mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt. Kenntnis setzt ein zuverlässiges Erfahren der maßgeblichen Umstände voraus, aufgrund dessen ein Handeln erwartet werden kann. Ein Irrtum im Bereich der Tatsachen kann Kenntnis in diesem Sinne ebenso verhindern wie eine irrige rechtliche Beurteilung, wenn deren Gründe nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind (BGH, Urteil vom 05. Juli 2000 – IV ZR 180/ 99) -, juris, dort Rn. 9 m. w. N.).
Im Fall gesetzlicher Erbfolge ist Kenntnis vom Berufungsgrund dann anzunehmen, wenn dem Erben die Familienverhältnisse bekannt sind und er nach den Gesamtumständen und seiner subjektiven Sicht keine begründete Vermutung hat oder haben kann, dass eine ihn ausschließende letztwillige Verfügung vorhanden ist (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20. Juni 2016 – 3 Wx 96/15 -, juris, Rn. 16 m. w. N.; OLG Rostock, Beschluss vom 14. September 2011 – 3 W 118/10 -, juris, Rn. 14).
Abgerissene Familienbande können es allerdings aus Sicht des Erben nicht unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Erblasser ihn durch letztwillige Verfügung ausschließen wollte und ausgeschlossen hat (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht a.a.O.).
Auch durch das Oberlandesgericht Dresden wurde i.Ü. angenommen, dass die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft mit dem Zeitpunkt beginnt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt, so dass bei gesetzlicher Erbfolge die Kenntnis des Berufungsgrundes anzunehmen sei, sobald dem gesetzlichen Erben die seine Erbberechtigung begründenden Familienverhältnisse bekannt sind und er nach den Gesamtumständen keine begründete Vermutung haben könne oder habe, dass eine ihn ausschließende letztwillige Verfügung vorhanden sei (OLG Dresden, Beschluss vom 20. Januar 2016 – 17 W 23/16 –, juris). Die nötige Kenntnis fehle jedoch, solange der Betroffene vermuten dürfe, er sei durch letztwillige Verfügung als gesetzlicher Erbe ausgeschlossen.
Wann mithin die Ausschlagungsfrist für den gesetzlichen Erbe beginnt ist daher von den Umständen des Einzelfalls abhängig.